Der nach Revanche für die 0:1-Pleite am vorletzten Spieltag der vergangenen Saison sinnende Bayer-Trainer Klaus Toppmöller bot im Duell mit dem 1. FC Nürnberg sein bestes ihm derzeit zur Verfügung stehendes Personal auf. Einzig Lucio und Nowotny waren von den etablierten Stammkräften nicht einsatzfähig, dem entsprechend forsch hatte Toppmöller das Kräftemessen mit den Franken zum Schlüsselspiel erhoben, in dem eine Vorentscheidung über den Weg in der Rückrunde fallen sollte. Im Vergleich zum Champions-League-Zwischenrundenspiel in Mailand (2:3) rückte der offensiv orientierte Bierofka für Abwehrmann Kleine in die Startelf. Nürnberg konnte nach drei Spielen Verletzungspause wieder auf Popovic zurückgreifen, dafür musste man auf den unter Rückenproblemen leidenden Sanneh verzichten. Wie schon beim 2:2 gegen Cottbus in der Vorwoche lautete das Angriffs-Duo der Nürnberger Ciric und Cacau. Speziell der junge Brasilianer stand unter besonderer Beobachtung, war sein Stern doch vor gut einem Jahr just in Leverkusen aufgegangen, als er bei der 2:4-Niederlage für beide Tore der Gäste verantwortlich zeichnete.
Nach einer wirklich flotten Anfangsviertelstunde wurde schnell klar, dass die Hausherren der Forderung ihres Trainers nach nichts anderem als drei Punkten nicht mit spielerischer Eleganz würden nachkommen können. Zwar war Schneider wie immer bemüht, doch gingen seine Nebenleute kaum einmal auf die Ideen ihres Spielmachers ein. Bierofka und Neuville konnten dem Angriffsspiel auf den Außen nur selten Impulse verleihen. Dies alles war aber auch in der resoluten Spielweise des 1. FC Nürnberg begründet, dessen oft gescholtene Vierer-Abwehrkette im ersten Durchgang äußerst sicher stand. Dazu waren die seltenen Vorstöße der Nürnberger durchweg gefährlich, Butt im Bayer-Tor musste öfter eingreifen als dies Toppmöller lieb sein konnte. Die beste Torgelegenheit für Bayer Leverkusen vergab Berbatov, der einen langen Ball von Bastürk zwar schön an Kampa vorbeilegte, sich dann das Leder aber zu weit vorlegte und nur das Außennetz traf (34.).
Die Spielweise der ersten 45 Minuten fand auch zu Beginn des Schlussdurchgangs ihre Fortsetzung. Bayer weiter planlos, Nürnberg weiter abgeklärt. Berbatov erwies sich in Minute 49 erneut als Großmeister im Auslassen klarster Torchancen, nach schönem Zuspiel von Bastürk schoss er neben statt in das Tor der Nürnberger. Wie man es besser macht, demonstrierte der Außenseiter aus Nürnberg wenig später: Cacau suchte und fand die Lücke in der Bayer-Abwehr und bediente Ciric mustergültig. Der Mazedonier überwand Butt mit präzisem Flachschuss zu seinem bereits zehnten Saisontreffer. Die Gelegenheit zur Vorentschiedung vergab Nürnberg in Person von Cacau und Junior in der 66. Minute. Jungstar Cacau hatte seinen Landsmann Juan schwindlig gespielt, das 2:0 vor Augen packte ihn aber ebenso Versagensangst, wie den eingewechselten Junior im Nachschuss. Brenzlig wurde es für Nürnberg noch einmal ab der 75. Minute, was aber weniger am nur schwach einsetzenden Endspurt Leverkusens lag, als vielmehr an der altbekannten Schwäche der Franken, einen Vorsprung in der Schlussphase zu halten. Sieben Gegentore in der Schlussviertelstunde kosteten im bisherigen Verlauf der Saison elf Punkte.
Diesmal hielt der Nürnberger Abwehrwall, schlimmer noch: Juniors Traumtor zum 2:0 versetzte Bayer den Todesstoß und die fünfte Heimniederlage der Saison, was Bayer und Trainer Klaus Toppmöller nicht nur einen wenig versöhnlichen Jahresausklang bescherte, sondern mit ziemlicher Sicherheit auch eine eher ungemütliche Winterpause nach sich ziehen dürfte. Die Erkenntnis des richtungsweisenden Spiels jedoch ist klar. Der Traum von internationalen Rängen ist endgültig passé. Nürnberg dagegen darf sich darüber freuen, in der Tabelle vor dem amtierenden Vizemeister zu überwintern.
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