St. Peter fiel von einem Extrem ins andere. Nach vier sonnenreichen Endrunden-Spieltagen bescherte der Himmelspförtner echt Salzburger Schnürlregen. Nur knapp 15 000 Zuschauer säumten die Ränge des Nürnberger Stadions. Doch die Unentwegten brauchten ihr Kommen nicht zu bereuen. Die Clubelf des Jahres 1963 bewies, daß Regenwetter noch immer Clubwetter bedeutet. Die Berliner hatten auf dem glitschigen Rasen nichts zu bestellen, die ausgefeilte Technik der Nürnberger triumphierte. Fünfmal landete der weiße Ball im Hertha-Tor und als wenige Minuten nach dem Schlußpfiff die Kunde kam, daß die Kölner in Ludwigshafen einen Punkt eingebüßt hatten, glich für alle Clubfreunde der 15. Juni einem Sonnentag sondergleichen. Begeistert wurden Regenschirme und Clubfahnen geschwungen.
Die Nürnberger kamen mit einem neuformierten Sturm aufs Spielfeld. Das Experiment mußte gelingen, denn weder Heinz Strehl noch Tasso Wild standen auf völlig ungewohnten Posten. Beide lösten ihre Aufgaben ausgezeichnet. Stürmer Nr. l aber war Maxl Morlock. Er lieferte erneut eine überragende Partie. Max dirigierte, schuftete und erzielte zwei Prachttreffer! „Mucks" Haseneder stand ihm als Schütze nicht nach, doch der Aktionsradius des stämmigen Torjägers war bedeutend kleiner als der des 38jährigen Max.
Kurt Dachlauer verdiente sich abermals eine gute Note. Wer noch immer an seinen Fälligkeiten zweifelt, muß Scheuklappen vor den Augen haben!
Gustl Flachenecker und Stefan Reisch beherrschten souverän das Mittelfeld. Nandl Wenauer, Helmut Hilpert und Horst Leupold ließen ihren Gegenspielern keinen Stich und sorgten dafür, daß Roland Wabra nur zweimal einzugreifen brauchte.
Bereits wenige Minuten nach Spielbeginn war ersichtlich, daß die Berliner eindeutig unterliegen würden. Dennoch benötigte auch der Club geraume Zeit, um sich mit den Bodenverhältnissen vertraut zu machen, dann aber begann sein Spiel zu laufen, Horst Leupold war Initiator des 1. Treffers. Der weit aufgerückte Clubverteidiger nahm ein Zuspiel von Strehl auf, spurtete bis zur Torauslinie, flankte maßgerecht und Maxl Morlock lenkte das Leder mit dem Kopf ins Netz.
Wenig später zog Dachlauer unwiderstehlich an Heuer und Groß vorbei. Der Schuß des Nürnberger Linksaußen strich über den Querbalken. Dann starteten die Berliner erstmals einen erfolgversprechenden Angriff, aber der abschließende Kopfball stellte Wabra vor keinerlei Probleme. Das Leder landete genau in Rolands fangbereiten Händen. In der 28. Minute jubelte der Clubanhang zum zweitenmal. Maxl Morlock hatte sich hochgeschraubt und per Kopf eine Mustervorlage an Tasso Wild adressiert. Tasso lenkte das Leder ins Netz, ein herrliches Tor, doch SR Deuschel annullierte den Treffer. Maxl soll nach seiner Ansicht die Ellbogen gebraucht haben.
Dann versetzte Heinz Strehl drei Gegenspieler. Heinz feuerte ab, Tillich flog in die bedrohte Ecke und konnte abwehren. Die Torgelegenheiten des Clubs häuften sich. Aber fast schien es, als ob sich die Nürnberger mit einem knappen Pausenvorsprung begnügen müßten. Die 45. Spielminute brach an. Dachlauer trat einen Eckball. Wieder sprang Morlock am höchsten. Maxl dirigierte das Leder mit der Stirn zu Wild. Tasso erwischte die Kugel gerade noch mit der Fußspitze und Berlins Torhüter hatte das Nachsehen.
Nach Seitenwechsel versuchten die Gäste mit allen Mitteln ihren Kasten rein zu halten. Der Club spielte faktisch auf ein Tor. Genau 10 Minuten vermochte die massierte Hertha-Abwehr den Nürnbergern Paroli zu bieten, dann übernahm Kurt Haseneder eine Mustervorlage von Steff Reisch. „Mucks" machte seine Sache großartig. Er trickste Waclawiak aus, blieb am Ball, obwohl der Berliner nachhakte, lockte Tillich aus dem Tor und schob den Ball ins leere Gehäuse.
Zwei Minuten später wirbelte Dachlauer durch die Reihen der Weißblauen. Tillich stürzte ihm entgegen, doch Kurt behielt klaren Kopf, paßte klug zurück und Maxl Morlock traf mit einem Spannschuß genau ins Schwarze. Das 5:0 besorgte Haseneder. Tasso Wild schickte Torjäger „Mucks" auf die Reise. Haseneder behielt gegen drei Herthaner die Oberhand und ließ auch Torhüter Tillich keine Chance. Gleich darauf wackelte der Berliner Kasten. Gustl Flachenecker hatte aus 25 m Entfernung an die Querlatte gebombt. Bis zum Schlußpfiff stand die Berliner Abwehr laufend unter Druck.
Der Club spielte mit Hertha BSC Katz und Maus. Nur Fortuna bewahrte den Berliner Meister vor einer noch höheren Niederlage.
A. W.
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Links: Mit einem geschickten „Schlenzer" überlistete Tasso Wild den herauslaufenden Hertha-Torwart Tillich, an dem der Ball vorbei zum 2:0 ins Tor fliegt
Rechts: „Mucks" Haseneder, der sich durch Waclawiak, Faeder und Schlesinger (von links) nicht vom Ball abdrängen läßt, beschließt mit dem 5. Treffer den Torreigen der Regenpartie gegen Hertha-BSC
Die Clubstürmer nahmen den Berliner Torwart Tillich fleißig unter „Beschuß". Auch Maxl Morlock, der zwei Tore erzielte, stand dabei nicht zurück