Erneut mußte lange Zeit gebangt werden
Fast eine geschlagene Stunde lang schwebten rund 30000 Clubfreunde im Zustand des Hoffens und Bangens. Die Zahl der Bangenden oder besser gesagt, der Enttäuschten, vergrößerte sich zusehends, denn es sah ganz darnach aus, als ob die Nürnberger den Schlüssel zum Erfolg nicht mehr finden würden. Dabei hatten sie ihn bis zur 18. Spielminute buchstäblich in der Tasche.
Der Club wollte in seinem 4. Endrundenspiel beweisen, daß er nicht zum notorischen Spätstarter geworden ist. Dieses Unterfangen wäre um ein, Haar gelungen. Ehe die erste Viertelstunde vorüber war, stand das Eckballverhältnis 6:1 für die Zaboaner und zumindest dreimal schien das runde Leder im Lauterer Tor zu landen. Bereits in der 3. Minute zog Heinz Strehl dem Pfälzer Gehäuse entgegen. Heinz schoß, Schnarr konnte den Ball nicht festhalten, aber der nachsetzende Dachlauer kam um Sekundenbruchteile zu spät. Dann hatte Gettinger mehr als Pech. Wieder senkte sich ein Eckball vor das Gästetor. „Bobby" sprang höher als Freund und Feind, doch sein Kopfball streifte nur den Querbalken.
Die 13. Spielminute brach an. Maxl Morlock schlängelte sich durch die Lauterer Abwehr. Der Nürnberger wollte es wissen. Er hatte nur noch Schnarr vor sich, aber kaum zu fassen, sein Geschoß strich um Zentimeter am Tor vorbei. Maxl schüttelte den Kopf. Er war mit sich selbst nicht zufrieden. Seine Gebärde bedeutete: „Ja, gibt's denn dös ah!"
Wenig später schloß Gustl Flachenecker eine Musterkombination mit einem Bombenschuß ab. Schnarr riß instinktiv die Fäuste hoch und konnte zur Ecke abwehren. Dann prüfte Gettinger den Lauterer Schlußmann. Der tüchtige Schnarr war auf dem Posten.
Die Pfälzer hatten bis dahin nur sporadisch angegriffen. Ihr Rezept war leicht zu erkennen. Sie rechneten mit einem offensiv spielenden Club und wollten aus der Defensive kontern. Reitgaßl und Neumann hingen weit hinten. Die Clubabwehr kam diesem Plan sehr entgegen. Nicht der Mann, sondern der Raum wurde gedeckt. Das war die Ursache, daß mitunter drei Pfälzer Stürmer genügten, um die Nürnberger Deckung in Verlegenheit zu bringen. Der Führungstreffer der Gäste wurde dadurch heraufbeschworen. In der 18. Minute erreichte ein weiter Paß den ungedeckten Settelmayer. Der Lauterer Linksaußen schickte sofort Pulter auf die Reise und schon zappelte der Ball im Netz. Wabra hatte keine Möglichkeit das Unheil zu verhindern. Von diesem Augenblick an war der Faden bei den Nürnbergern gerissen. Die Elf vom Betzenberg nahm das Heft in die Hand und die Zeit qualvollen Bangens begann. Settelmayer vergab in der 26. Minute das durchaus mögliche 0:2. Erst als Flachenecker und Gettinger die Plätze tauschten, lief das Clubspiel wieder besser. Dachlauer traf aus schier unmöglichem Winkel nur den Pfosten, Gettinger probierte sein Schußglück, aber zunächst war die gut gestaffelte Lauterer Abwehr nicht zu knacken.
Nach der Pause erschien der Club wieder mit Flachenecker als Rechtsaußen. Schon die ersten Minuten ließen erkennen, daß die Nürnberger über die größeren Kraftreserven verfügten. Doch noch einmal bot sich den Pfälzern eine Möglichkeit. Pulter schoß knapp am Kasten vorbei. Dann aber war der Club nicht mehr zu bremsen. Gustl Flachenecker flankte, Tasso Wild hechtete nach dem Leder und erneut hatten die Lauterer Glück.
Tassos Kopfball ging über das Tor. In der 56. Minute wurde der Bann gebrochen. Wild überraschte Schnarr mit einem 20-m-Schuß. Das Stadion glich einem Hexenkessel. Plötzlich standen die 30000 wieder wie ein Mann hinter dem Club! Die Pfälzer Elf wankte und der 1. FCN schlug zu. Maxl Morlock führte den Club zum Sieg. Sechs Minuten nach dem Ausgleich wanderte das Leder über Strehl und Flachenecker zu Morlock. Maxl hob den Ball gefühlvoll über Kostrewa und Schnarr hinweg zu Wild und der Clubhalblinke konnte die Kugel ins Netz drücken. Das 3:1 besorgte Maxl selbst. Damit war alles entschieden, obwohl die Nürnberger nochmals umstellen mußten Der angeschlagene Heinz Strehl ging auf den rechten Flügel. Stefan Reisch, der während des ganzen Spiels unter heftigen Magenschmerzen litt, nahm Dachlauers Position ein. Flachenecker wurde auf den linken Läuferposten zurückbeordert, „Micki" Dachlauer spielte halblinks und der gleichfalls lädierte Tasso Wild Mittelstürmer. Doch das mächte sich kaum bemerkbar, denn das Clubspiel lief. In der 83. Minute erspähte Maxl wieder eine Lücke. Ein Musterpaß folgte und „Micki" Dachlauer erhöhte auf 4:1. Dann bot sich den Lauterem eine Chance, aber Neumann vergab die Gelegenheit. Beinahe postwendend schoß Bobby Gettinger dem Lauterer Schlußmann die Kugel aus kürzester Distanz auf den Leib. Gleich darauf köpfte Wild daneben. Auch Gustl Flachenecker verfehlte mit einem Bombenschuß nur knapp das Ziel. Dann wurde Heinz Strehl in aussichtsreicher Position umgestoßen. Der keineswegs überzeugende Unparteiische gab Eckball! Doch nochmals konnten die Clubfahnen geschwungen werden. Stefan Reisch jagte aus 25 m einen Schuß seltener Güte genau ins Torkreuz! Einen krönenderen Abschluß hätte die großartige 2. Halbzeit des Clubs nicht finden können.
Wabra, Hilpert und Wenauer waren die Säulen der Clubabwehr, im Sturm überzeugten Maxl Morlock und Dachlauer. Heinz Strehl hatte es schwer, wieder einmal wurde der Cubmittelstürmer von mehreren Gegnern unerbittlich aufs Korn genommen und gedeckt. Tasso Wild vermochte sich erst in der 2. Halbzeit zur Geltung zu bringen. Gustl Flachenecker wurde seinen Aufgaben auf allen Posten gerecht. Steff Reisch konnte leider nicht, wie er wollte. Sein Tor war für ihn die beste Medizin gegen Magenschmerzen.
Die Lauterer spielten weitaus stärker als in Ludwigshafen. Schnarr, Neumann, Pulter, Mangold und Schneider waren die besten Kräfte der jungen Elf vom Betzenberg.
A.W.
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Links: Schnarr, Kaiserslauterns Torwart, trennt Dachlauer nicht ganz einwandfrei vom Ball, den Verteidiger Kiefaber (2. v. L) wegbefördern kann. Heinz Strehl (Mitte) ist das gar nicht recht, wie seine Miene ausdrückt
Rechts: Morlocks feine Hereingäbe zog Tasso Wild prompt zum 2:1 ins Kaiserslauterner Tor. Mit dem Ball flog auch gleich der Torschütze ins Netz. Am Boden Verteidiger Kiefaber.
Seine immer noch großartige Sprungkraft demonstriert Maxl Morlock bei einem Kopfball aufs Kaiserslauterner Tor, den Tasso Wild, Verteidiger Kiefaber und Dachlauer bewundern