Spielbericht aus der CLUB-REVUE Nummer 10 Oktober 1986

Das Warten auf den ersten Club-Sieg über die Bayern seit nunmehr sieben Jahren geht weiter. Auch im diesjährigen Derby im Nürnberger Stadion sicherten sich die Lattek-Schützlinge beide Punkte. Dieter Bracke schrieb über das 1:2 in der Nürnberger Zeitung:

"Am liebsten würde der 1. FCN gegen Franz Beckenbauer Stadionverbot verhängen, denn bei seinen Besuchen gingen die Punkte immer „flöten". Daran hat sich nichts geändert, denn der Teamchef saß auf der Tribüne im Stadion und erlebte erneut eine Club-Niederlage. Seine alten Kameraden entführten mit einem 2:1 (0:1) beide Punkte."

Als der 1. FCN aufs Tempo drückte und Schwächen in der Münchner Deckung bloßlegte, kam natürlich mächtig Stimmung auf. Schade, daß Frank Nitsche in der 14. Minute, nach glänzender Vorarbeit nur denkbar knapp vorbeischoß. Stramme Schüsse aus allen Lagen waren auf dem glatten Boden das Patentrezept, zumal die beiden Torhüter sichtlich Probleme hatten.

Heinz Höher verblüffte mit einer weiteren Aufstellungsvariante: Günter Güttler bewachte den langen Dieter Hoeneß, während sich der nicht gerade an einen Sprinter erinnernde „Oldtimer" Dieter Lieberwirth um den ungemein schnellen Nationalspieler Lothar Matthäus kümmern sollte.

Die Augen von DFB-Teamchef Franz Beckenbauer waren auf Wohlfarth aber natürlich auch auf Dieter Eckstein gerichtet, der zum Nationalmannschaftskader für die Partie gegen Dänemark gehörte. Nach einem Schnitzer von Nationalspieler a. D. Norbert Eder bediente er kurz vor dem Strafraum der Bayern Joachim Philipkowski mit einem herrlichen Direktpaß. Und der Ex-„St. Paulianer" machte es noch besser: er bewies unwahrscheinliche Nervenstärke und hob die Lederkugel eiskalt über den Bayernkeeper ins Tor. 1:0-Führung für den 1. FCN in der 32. Minute - das Stadion schien in seinen Grundfesten zu rütteln.

In der Pause zeigte sich Franz Beckenbauer von der Qualität der Begegnung mächtig angetan. Speziell von den Gastgebern: „Der Club spielt eine Bombenpartie, wie in Frankfurt. Sehr konsequent." Doch der Teamchef warf auch die berechtigte Frage auf, ob die Nürnberger dieses Tempo durchhalten könnten.

Der rasche Ausgleich für die Münchner zwei Minuten nach dem Wechsel hatte jedoch einen völlig anderen Grund: Bei einer Rempelei von Kapitän Anders Giske gegen Dieter Hoeneß im Strafraum wollte Schiedsrichter Tritschler ein Foul gesehen haben und diktierte dem Meister prompt einen Elfmeter zu. Matthäus ließ sich diese Chance natürlich nicht entgehen und bombte unhaltbar für den erneut exzellenten Andreas Köpke zum 1:1 ein. Einen Elfmeter, den man geben kann, aber nicht unbedingt muß.

In der 57. Minute kam es noch schlimmer für die Gastgeber, denn die Bayern nützten eine Abwehrschwäche eiskalt aus: Libero Klaus Augenthaler schoß aus spitzem Winkel flach und unhaltbar zum 1:2 ein. Doch genau 120 Sekunden später besaßen die Gastgeber eine Riesenchance zum Ausgleich. Schiedsrichter Tritschler wollte seinen Fehler offensichtlich wieder gutmachen und diktierte den Höher-Schützlingen nach einem Foul von Dieter Hoeneß an seinem Namensvetter Eckstein auf den ominösen Punkt. Und dann wurden Erinnerungen an das vorjährige Spiel im Münchner Olympia-Stadion wach, denn Roland Grahammer schoß den Elfmeter so schwach, so daß der sich zu zeitig bewegende Torhüter Pfaff das harmlose Schüßchen problemlos meistern konnte.

Möglichkeiten zum durchaus verdienten 2:2 besaßen die Höher-Schützlinge. Aber Günter Güttler mit einem Freistoß (85) und Philipkowski (87) scheiterten an dem famosen Jean-Marie Pfaff.

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Links: „Goliath" FC Bayern war wieder einmal eine Nummer zu groß für „David" 1. FC Nürnberg. Hier wird Joachim Philipkowski, der Torschütze zum 1:0, von den Beinen geholt. Am Boden: Bayern-Kapitän Klaus Augenthaler.

Rechts: Live aus der Kabine berichtete das Bayerische Fernsehen unmittelbar nach dem Derby gegen die Münchner Bayern. Moderator Waldemar Hartmann (2. v. l.) holte sich Statements von Klaus Augenthaler, Heinz Höher, Udo Lattek und Uli Hoeneß ein.

Fotos: Schreyer, Schmidtpeter