Ein 1:2 in Hamburg hört sich eigentlich ganz gut an. Andererseits muß man den Club-Kickern aber vorwerfen, daß sie es wieder einmal versäumten, bei einem an diesem Tag restlos enttäuschenden Favoriten die Punkte einzufahren. Statt sich auf ihre eigenen Tugenden zu besinnen, paßte sich die Höher-Elf dem planlosen Gekicke der Hanseaten voll und ganz an. Dieter Bracke schilderte in der „NZ" die 90 niveauarmen Minuten wie folgt:
„Die 10 000 Zuschauer im Hamburger Volksparkstadion und der schwarz-weiß getupfte Spielball besaßen eine nicht zu bestreitende Gemeinsamkeit: Sie wurden von den insgesamt aufgebotenen 24 Fußballprofis des HSV und des 1. FCN fürchterlich mißhandelt. Die arme Lederkugel war freilich im Nachteil. Sie konnte sich nicht wehren und mußte sich wie eine kostbare Stradivari-Geige vorkommen, auf der ein absoluter Laie mit dem Bogen herumkratzt. Das hochverehrte Publikum freilich reagierte entsprechend und war auch durch den kostbaren 2:1-Sieg des HSV - damit wurden die Chancen auf einen Platz für die Teilnahme am UEFA-Cup gewahrt - nicht zu besänftigen.
Es pfiff lautstark, sparte nicht mit bissigen Kommentaren und verließ teilweise die Stätte des grausamen Geschehens lange vor dem Abpfiff. Die härteste Aussage eines einheimischen Besuchers: "Heute sahen wir Not gegen Elend" Die pfiffigste Aussage: "Aus dem stolzen König wurde ein Bettelmann".
"Wir hätten heute mindestens einen Punkt mitnehmen müssen", sprach der enttäuschte Vizepräsident Sven Oberhof,
wenn . ...Ja, wenn das Wörtchen wenn nicht wäre.
Das Dilemma zeichnete sich frühzeitig ab. Als die Profis aus Nürnberg mit ihren Gedanken noch in der Kabine oder irgendwo anders waren, zappelte die Lederkugel bei ihnen schon im Netz: In der 2. Minute schoß Michael Schröder völlig freistehend eine Flanke von Nationalspieler Heinz Gründel zum 1:0 ein. Weil sich die Schützlinge von Trainer Heinz Höher fromm wie Osterlämmlein gaben, brauchten sie sich über das 0:2 in der 17. Minute nicht zu wundern. Dieser Treffer war eine Co-Produktion des ehemaligen Nationalspielers Manfred Kaltz mit dem derzeitigen Heinz Gründel. Die Nürnberger Akteure ignorierten bei der dritten Ecke des HSV völlig die allseits bekannte Stärke von Kaltz und kassierten prompt ein vermeidbares Tor: Seine ,Bananenflanke' köpfte Gründel aus etwa vier Metern Entfernung ein.
Hoffnung kam auf, da der Anschlußtreffer wenig später fiel. Und dazu noch bei einer Gelegenheit, die von den lizenzierten Trainern, sprich Fußballehrern, Standardsituation genannt wird: Fred Klaus jagte den Ball nach einem gelungenen Freistoßtrick unhaltbar für Nationaltorhüter Uli Stein ins Tor. Damit ist genaugenommen schon alles Positive über die Gäste gesagt, die bei dem ,Fehlpaß-Festival' auf dem holprigen Rasen des Volksparkes der Hansestadt Hamburg federführend waren."