51 000 Zuschauer, Bombenstimmung im Stadion. Endlich wieder Bundesligaluft in diesem alten, wohl dem unmodernsten aller Bundesligastadien. Der Club hatte sich gegen den Vizemeister HSV viel vorgenommen. Doch der Start war alles andere, wie ihn sich Trainer Heese und die Zuschauer erhofft hatten. Nach fünf Minuten führte der HSV durch Dresseis Kopfballtor (es wäre bei etwas mehr Konzentration zu verhindern gewesen) 1:0, und dann kam die 7. Minute - wohl die entscheidende Minute überhaupt in diesem Spiel. Weyerich sah rot im wahrsten Sinne des Wortes. Er ärgerte sich über ein Foul von Dressel so sehr, daß ihm der Gaul durchging und er dem Dressel die Faust spürbar werden ließ. Schiedsrichter Hontheim zog sofort die rote Karte. Platzverweis und noch standen den nun zehn Nürnbergern 82 Spielminuten bevor!
Man muß Weyerichs Unbeherrschtheit hart kritisieren, denn gerade er hätte auf Grund der Vorfälle vor wenigen Tagen in Stuttgart zwischen ihm und Karl-Heinz Förster gewarnt sein müssen. Der Förster wird sich jetzt eins grinsen, denn angesichts der Weyerichschen Reaktion hätte Förster in Stuttgart zweimal vom Platz fliegen müssen. Aber Nürnberg ist nicht Stuttgart. Und ein Neuling hat eben nicht den Bonus, wie ihn renommierte Mannschaften und Nationalspieler genießen.
Der Club zeigte in der Folgezeit ein glänzendes Spiel. Streckenweise sah man Lehrbuch-Fußball. Angriff um Angriff kam, der HSV hatte viel Mühe und viel Glück. Besonders als Volkert in der 21. Minute mit seinem Freistoß nur den Pfosten traf und dann Frank zweimal hintereinander Koitka nicht überwinden konnte. Die zehn Nürnberger kämpften vorbildlich. Bertram Beierlorzer, der für Weyerich nun Libero spielen mußte, fand sich immer besser in dieser Rolle zurecht. Als Jürgen Täuber, sehr agil und genauso lauf- und sturmfreudig wie Peter Stocker, in der 34. Minute gelegt wurde, verwandelte Volkert eiskalt zum 1:1. Jubel auf den Rängen und Hoffnung beim Club. Kurz vor der Pause reagierte Hartmann bei einem Magath-Freistoß hervorragend.
Nach dem Wechsel gab der Club wieder den Ton an, wenngleich nun die Angriffe des HSV immer gefährlicher wurden. Doppelpaß zwischen Dressel und Memering - Schuß und der HSV führte 2:1.
Doch keine Minute verging, da stand es wieder 2:2. Jürgen Täuber hatte aus 25 Metern geschossen, Frank fälschte den Ball ab, und Koitka war geschlagen. Würde der Club nun dieses 2:2 retten können? Die Nürnberger dachten nicht daran, mit dem Punkt zufrieden zu sein, immer wieder stürmten sie - und am Ende waren sie Verlierer. Nicht so sehr durch die Künste des ein ungleiches Verhältnis HSV, der insgesamt enttäuschte, sondern durch eigenes Pech. Norbert Eder wehrte einen gefährlichen Ball in der 85. Minute ins eigene Tor ab. Der Club hatte sich selbst geschlagen: in zweierlei Hinsicht. Einmal durch Weyerich, dann durch Eders Tor. Dennoch: brausender Beifall immer wieder für die tapfer kämpfende Mannschaft. Zehn gegen elf, wurde ausgeglichen. Die 51 000 waren trotz der Niederlage zufrieden, ja begeistert. Der Club muß sich nun selbst treu bleiben, dann werden sicher auch diese Rückschläge zu Saisonbeginn verdaut werden.
F. S.