Die Spieler aus dem hessischen Ried hatten das Kunststück fertiggebracht, sowohl die Münchner „Löwen" als auch Spitzenreiter Augsburg zu besiegen. Diese Situation kennzeichnete deutlich, welch schwere Aufgabe dem Club in Bürstadt gestellt wurde. Das taktische Konzept war daher auch unschwer zu erkennen; man wollte zumindest einen Punkt ergattern. Nach verhältnismäßig langem gegenseitigen Abtasten wurde es erstmals in der 20. Minute vor beiden Toren gefährlich. Eine große Gelegenheit hatte in der 31. Minute der freistehende Bürstädter Linksaußen Krüger, der jedoch das Leder nicht unter Kontrolle bekam, so daß Hannakampf im letzten Augenblick klären konnte. In der 35. Minute war es aber dann doch soweit; Geier lenkte einen Freistoß mit dem Kopf am verdutzten Neef vorbei zum 1:0 in die Torecke. Nun lockerte der Club die Defensive und ging mehr zum Angriff über, aber lediglich einige Vorstöße von Nüssing sorgten für Gefahr. - Nach der Pause kam ein völlig verwandelter Club aus der Kabine. Trainer Tilkowski hatte vermutlich Anweisung gegeben, bedingungslos zu stürmen. Zunächst traf Bittlmayer mit einem tollen Freistoß nur die Latte. Der Ausgleich fiel in der 52. Minute. Geinzer flankte zu Dieter Nüssing, der mit einem gefühlvollen Kopfball den am Elfmeterpunkt lauernden Sturz die Möglichkeit zum l :1 gab. Dann verletzte sich Neef und mußte durch Spangler ersetzt werden. Die Nürnberger wurden im Angriff immer lebendiger; Petrovic zog am rechten Flügel unwiderstehlich davon, flankte mustergültig nach innen, und der ungedeckte Sturz köpfte aus kurzer Entfernung zum l :2 ein. In dieser Phase zeigte der Club, daß er zu Recht auf einem der vorderen Tabellenplätze rangiert. Mit verwirrendem Kombinationsspiel und zügigen Kontern beherrschte er die Szenerie.
Die endgültige Entscheidung bahnte sich in der 78. Minute an. Der Club bekam nahe der Strafraumgrenze einen Freistoß zugesprochen. Nüssing schob den Ball zu Bittlmeyer, der mit einem Gewaltschuß zum l :3 eindonnerte. Damit schien das Spiel entschieden zu sein. Die Nürnberger taten nur noch das Nötigste und versuchten den Ball in den eigenen Reihen zu halten. Doch Schiedsrichter Berner aus Enzberg (Württemberg) gab unverständlicherweise einen Elfmeter, der von Geier nach zweimaliger Ausführung verwandelt wurde. Nun wurde das Spiel noch einmal hektisch. Petrovic, der schon vorher wegen Reklamierens verwarnt worden war, wurde des Feldes verwiesen, als er, um Zeit zu schinden, das Leder wegtrat. Aus Nürnberger Sicht sicher eine harte Entscheidung. Als wichtiges Merkmal erschien dem Unterzeichneten, daß es Trainer Tilkowski gelungen ist, ein Teamwork zu formen, bei dem die Kameradschaft groß geschrieben wird und das für die Zukunft noch manch Angenehmes erhoffen läßt.
Hermann Weber, Neckarsteinach