Aufstiegsrunde 1970 / 71 So., 30.05.1971

2. Spiel

1. FC Nürnberg - Fortuna Düsseldorf

0:2 (0:2)

1. FC NÜRNBERG:

Welz, Popp, Schäffner; Nüssing, Wenauer, Theis, Michl, Kröner, Drexler, Müller, Stegmayer

Trainer: Barthel Thomas

Wechsel: Grimm für Kröner, Renner für Stegmayer (alle 46.)

Karten: ?

Tore: ---

FORTUNA DÜSSELDORF:

Woyke, Köhnen, Lungwitz, Kriegler, Iwanzik, Hesse, Begerau, Budde, Hoffer, Geye, Herzog

Trainer: ?

Wechsel: Biesenkamp für Budde (61.)

Karten: ?

Tore: 0:1 Herzig (16.), 0:2 Begerau (42.)

-

Schiedsrichter: Regely

Zuschauer: 75000

Besondere Vorkommnisse: Keine???

Spielbericht aus der FCN-Vereinszeitung Nummer 6 vom Juni 1971

Besinnung für die nächste Saison!

Sehet, zum Verzweifeln ist es immer zu früh, zur Hoffnung aber niemals zu spät. Und alles Zukünftige soll uns wichtiger erscheinen als jegliche Vergangenheit, nur so kommen wir von der Stelle.

Heinz Steguweit

Es hieße, sich Illusionen hingeben, wollte man leugnen, daß mit dieser zweiten, einer Heimniederlage, die Aufstiegsträume verweht sind. Nur ein Wunder könnte das noch ändern. Aber Wunder ereignen sich auch auf dem grünen Rasen nur selten.

Der Sieg der Gäste war verdient und wäre auch dann wohl kaum zu verhindern gewesen, wenn Schiedsrichter Regely nicht mit etlichen unverständlichen Entscheidungen in erster Linie den Club benachteiligt hätte (seit wann beispielsweise ist es strafbar, sich in der Nähe des den Ball aus dem Kampfgeschehen heraus abstoßenden Torwarts aufzuhalten?), und wenn er den fälligen Elfmeter verhängt hätte, als Renner von dem bereits zuvor verwarnten Köhnen im Strafraum beide Beine weggezogen wurden. Verdient war der Sieg deshalb, weil die Gäste schneller, rationeller, kräftesparender und bissiger kämpften als unsere allzu engmaschig agierende, das Spiel ohne Ball vernachlässigende Mannschaft, die sich unnötig abnutzte, weil die Spieler liefen, wo der Ball den Raum viel müheloser überwunden hätte. Dazu fehlt unserer Mannschaft, wie diesmal besonders deutlich wurde, der athletische Torjäger, der sich auch einmal durch eine eiserne Abwehr durchpaukt und dann noch die Kraft zu einem gefahrbringenden Torschuß aufbringt.

Die Zuschauerkulisse, die zeigte, wie sehr nahezu ganz Bayern mit seinem Club fiebert, war eine positive Voraussetzung für das wichtige Spiel. Aber die Antriebskraft, die von ihr hätte ausgehen können, wurde weit aufgehoben durch eine kaum noch verständliche Nervosität und Befangenheit eines Teils unserer Spieler. Als wir uns vor dem Spiel mit einigen unserer Männer unterhielten, war von dem früheren Selbstvertrauen kaum eine Spur zu erkennen. Offenbar hätte die Mannschaft zwischen den Spielen von Neunkirchen und jetzt im heimischen Stadion in erster Linie eines Psychotherapeuten bedurft. Verschiedene Faktoren hatten da wohl zusammengewirkt. Einmal die nach Ansicht der Mannschaft selbst vermeidbare Niederlage in Neunkirchen. Dann doch eine gewisse Unruhe auf grund einiger Spannungen zwischen dem Leiter der Vertragsspieler und dem Trainer und der (aus privat-persönlichen Gründen) als unwiderruflich angekündigte Rücktritt des Betreuers von seinem Amt. Dazu kam der möglicherweise gutgemeinte, aber sinnlose Versuch eines Mannes aus dem Clubanhang, durch einen Anruf, von dem jedenfalls die Vorstandschaft nichts wußte, den Braunschweiger Trainer Knefler durch ein Angebot von 50 000,— DM Hals über Kopf als Coach der Clubmannschaft für die Aufstiegsrunde zu gewinnen. Auch diese Torheit konnte sich nur belastend auswirken, nachdem man das Angebot eines nicht dazu Autorisierten noch „rechtzeitig" vor dem Spiel in Neunkirchen durch das Kölner Sensationsblatt „Express" als Hilferuf des 1. FCN publik gemacht hatte. Recht wenig Noblesse bewies es auch, wenn ein früherer Clubfunktionär, der selbst gewiß nicht nur unfehlbare Entscheidungen getroffen hatte und dessen angestrebter Come-Back-Versuch kurz zuvor gescheitert war, in der Spielpause in den Kabinengängen vor Freund und Feind lauthals Kritik an einigen verantwortlichen Männern übte. Sachliche Kritik mag zu jeder Zeit berechtigt sein. Wenn man sie aber im Zusammenhang mit dem eigenen Scheitern und dem deswegen erbost erklärten Austritt aus dem 1. FCN mehr laut als überzeugend zwischen zwei Spielhälften übt, dann wirkt sie wohl anrüchig.

Der vorzeitige Gewinn der Regionalligameisterschaft konnte zwei entgegengesetzte Wirkungen haben. Man konnte der Auffassung sein, daß er sich kräftesparend auswirken könnte und daß man dann mit Kraftreserven in die harte Aufstiegsrunde hineingehen könne. Man konnte aber auch meinen, daß es nach einem langen, bewußten oder unbewußten Schongang schwer werden würde, im rechten Augenblick die unerläßliche Kampfkraft wieder zu finden. Leider erwies sich die letztere der beiden Möglichkeiten als Realität. Vielleicht hatten wir es im stolzen Sturmlauf auf die Regionalmeisterschaft auch versäumt, den Blick ausreichend hinein in die anderen Bereiche zu richten und daraus Lehren zu ziehen, wie etwa die, daß der Fußball altfränkischer Art mit seinen gelegentlich übertriebenen Kombinationen sich zumindest im Wechsel mit dem weiträumigen, energischen, aber kräftesparenden Fußball modernen Zuschnitts verbinden muß. Mag sein, daß auch diejenigen recht hatten, die meinten, daß der süddeutsche Regionalfußball in der abgelaufenen Spielzeit alles in allem nicht die Klasse aufwies, an der sich unsere unbezweifelbare Leistungsfähigkeit ausreichend hätte steigern können.

Es besagt im Ergebnis wenig, daß beide Treffer der Fortuna vermeidbar gewesen wären, hätte sich unsere Abwehr nicht im ersten Fall von einem Einzelspieler, im anderen durch einen weiträumigen Kombinationszug unnötig aus der Fassung bringen lassen. Man sah dem kommenden Unheil beinahe zu, als wäre man hypnotisiert.

Dabei sah es in der ersten Spielphase gar nicht so aus, als müßten wir hoffnungslos unter die Räder geraten. Mit dem Führungstreffer der Gäste aber kam es geradezu zu einem Schock, als ob eine Mannschaft mit Selbstvertrauen nicht auch einmal einen frühen gegnerischen Treffer aufholen könnte. Vielleicht wäre das Spiel noch anders gelaufen, hätte Müller in der 21. Minute in einer todsicheren Chance frei vor dem Torhüter den Ball über den sich werfenden Woyke hinweggehoben, in die ungedeckte lange Ecke geschoben oder aber zu einem noch günstiger postierten Nebenmann gelenkt. Weitere Chancen gab es dann gegenüber der bissigen, athletischen Abwehr der Gäste kaum noch. Daß man mehr als zwei Dutzend Eckstöße und Flankenbälle immer wieder in die Arme des hochwertigen gegnerischen Hüters schlug, statt sie wenigstens mit der Zeit einmal nach weiter hinten zu plazieren oder flach in das Ge-tümmel im Strafraum zu schlagen, hat nichts mehr mit Technik oder Taktik zu tun, sondern ausschließlich mit dem gesunden Menschenverstand.

Daß mit dem zweiten Treffer das Spiel gelaufen war, lag auf der Hand. Auf den Rängen, die den Club beim Ausgleich sicherlich in einen Angriffsturm ohnegleichen gepeitscht hätten, kehrte die Resignation ein. In tiefer Enttäuschung zogen die Massen ab, die uns wieder einmal ein Bild davon gegeben hatten, was sein könnte, wenn . . . Es wäre nun sinnlos, länger als unvermeidlich in Depressionen zu verharren. Es bleibt jetzt nichts, als nach der verlorenen Schlacht den Helm fester zu binden. Aus der Art aber, in der wir untergingen, ergeben sich die Lehren von selbst. Wir müssen mehr als bisher mit den spielerischen Fähigkeiten unserer Mannschaft die neuzeitliche Gestaltung der Methoden verbinden. Noch hat ein Jahr nicht mehr als 365 Tage und noch ist nicht aller Tage Abend. Die ganze Kraft muß der nächsten Saison gelten.

Vielleicht hatten wir die Erwartungen doch auch überspannt. Als wir im ersten Jahr nach dem Abstieg „nur" den dritten Tabellenplatz erreichten, waren wir sauer. Diesmal, ein Jahr später, erreichten wir die Aufstiegsrunde. Wenn es zum Platz an der Sonne der Bundesliga noch nicht reichte, sollten wir uns wohl doch einige Tatsachen vergegenwärtigen. Fortuna Düsseldorf stieg 1967 aus der Bundesliga ab. Wenn sie das Ziel jetzt erreicht, hat sie für den Wiederaufbau vier Jahre gebraucht. Vielleicht erinnern wir uns auch daran, daß wir nach dem Abstieg solch wertvolle Spieler wie Ludwig Müller, Rynio, Zac-zyk, Georg Volkert und Erich Beer, insgesamt aber 12 Spieler, verloren. Daß wir nach dem Scheitern des ersten Anlaufes u. a. Jonny Hansen, Helmut Metzler, Meis, Lehr, Lubanski und Heinz Strehl, der seine Laufbahn beendete, abgaben. Die Elf, mit der wir die Aufstiegsspiele erreichten und bestreiten, ist als Mannschaft eine Neuformation. Nichts natürlich kann unsere Enttäuschung aus der Welt schaffen. Unseren gemeinsamen Willen aber wollen wir auf die neue Spielzeit konzentrieren.

Es ist nicht nur die persönliche Meinung des Verfassers, wenn er diesen Bericht nicht schließen will, ohne auf ein für kommende Erfolge wesentliches Moment hinzuweisen. Wir brauchen endlich eine wertvolle, sportlich und wirtschaftlich hochqualifizierte hauptamtliche Führungskraft. Das Gehalt, das man für einen wirklich hochwertigen, sagen wir einmal „Clubdirektor" anzulegen hätte, könnte nur Zinsen tragen. Unsere ehrenamtlichen Funktionäre stöhnen unter der Last der Inanspruchnahme. Sie tun es mit Recht. In der Führung eines Vereins wie unseres Clubs sind alle diejenigen überforden, denen es zugemutet wird, die ganze Verantwortung nebenbei zu tragen. Gerade auch das leidige Drum und Dran um die Aufstiegsspiele im Club zeigt, wie notwendig der stets zur Verfügung stehende, versierte und harte „Manager" ist. Wir sollten nicht mehr länger am falschen Platz sparen.

Denn der Club muß wieder in die Bundesliga.

Dr. K. Brömse

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