Und wieder enttäuschte der Club nach einem guten Auswärtsspiel seinen Anhang. Daß er dennoch die Pokalrunde auf Bundesebene ereichte, lag erneut an Fortunas Gunst. Dieses Mal lächelte die Glücksgöttin den Nürnbergern sogar derart, daß man unwillkürlich an die Schiller'sche Ballade vom Ring des Polykrates errinnert wurde. Zunächst freilich schien es, als ob die „Klötzer-Schützlinge endlich ihren Heimkomplex ablegen könnten. Doch schon nach einer Viertelstunde wurde offenbar, daß dazu mehr als guter Wille gehört.
Konkreter gesagt, der Club hätte entweder ideenreicher operieren oder zumindest mit ebensoviel Spielern stürmen müssen, als der Gegner abwehrte. Ein Gegner übrigens, der sich nicht nur aufs Verteidigen verstand. Im Gegenteil, die technisch versierten Mannheimer erspielten sich Chancen, die zumindest ein Unentschieden gerechtfertigt hätten. In den ersten zwanzig Minuten allerdings war auch von den Gästen nicht viel zu sehen. Doch als in der 28. Minute ihr quicklebendiger Linksaußen Rottler mit einem gefährlichen Scharfschuß aufwartete und Welz zu einer großartigen Parade zwang, trumpften die Badenser immer selbstbewußter auf. Der Club hingegen hatte, obwohl das Eckballverhältnis bei Halbzeit 7:3 für Nürnberg lautete, kaum eine reelle Tormöglichkeit.
Als nach Seitenwechsel der abermals sehr schwache Müller durch Renner ersetzt wurde, erhielt das Clubspiel etwas mehr Farbe. Doch nach wie vor vermochten allenfalls die Mannheimer zu gefallen. Eine ihrer gut angelegten Kombinationen führte in der 63. Minute zur bislang klarsten Chance. Aber Streitenberger, der sich bis dahin als glänzender Halbstürmer erwiesen hatte, vergab in aussichtsreicher Position. Fast die gleiche Situation ergab sich knapp 10 Minuten später. Wieder wurde die Nürnberger Abwehr ausgespielt, doch Slatina scheiterte an Welz.
Erst kurz vor Ende der regulären Spielzeit winkte dem Club das 1:0, als Nüssing einen Kopfball an den Querbalken setzte. Die Mannheimer bauten auch in der notwendig gewordenen Verlängerung nicht ab. Der Club forcierte zwar das Tempo, aber erst ein an Nüssing verursachter Foulelfmeter gab Billmann die Gelegenheit, den Mannheimer Schlußmann zu überwinden. Doch die Freude auf den Rängen hielt keine 60 Sekunden an. Slatina spazierte im Gegenzug durch die Nürnberger Reihen und erzielte das 1:1.
Nunmehr warf der Club alles nach vorn, aber seine pausenlosen Angriffe führten zunächst nur zu einer Serie von Eckbällen. Schon glaubte man an ein Wiederholungsspiel in Mannheim, als Rother mit einem Gewaltschuß Glück hatte. Das Leder sprang von der Innenkante des Pfostens ins Netz! Aber noch war das Rennen nicht gelaufen. Mehrmals flitzte in den letzten 8 Minuten der Ball nur knapp am Clubgehäuse vorbei und kurz vor dem Abpfiff, als Slatina aus acht Metern Entfernung schoß, verhinderte nur eine Glanztat von Welz das sicher scheinende 2:2. Min wahrer Glückssieg also, und das minderte einmal mehr die Freude am Erfolg.
A. W.