Erst 1921 traf der tschechische Meister Sparta, der Slavia in der Führung abgelöst hatte, mit dem Club zusammen. Für die friedlich Mission des Sportes waren die ersten Treffen nach dem Weltkrieg von international bedeutsamer Auswirkung. Die beiden Spitzenvereine schrieben mit dem Aufbau ihrer völkerversöhnenden Sportfreundschaft ein Blatt der Geschichte mit.
Als Sparta die Hand über die Grenze reichte, waren beide Prager Meistervereine noch von keiner deutschen Fußballmannschaft besiegt worden. In der denkwürdigen Erstbegegnung konnte der Club - damals zum dritten Male deutscher Meister - trotz überlegener Spielführung der Gäste ein 0:0 halten. Das Rückspiel in Prag - ohne Bark - gind über die Achsel. Doch hatte der 1. FC Nürnberg vom 8. Juli 1918 bis zum 8. Februar 1922 kein Verbandsspiel verloren und mit dem Siegeszug seiner ersten Spanienreise weltweites Aufsehen erregt. So kam es, daß der 1. Oktober des Jahres 1922 in Prag, also in der Höhle des Löwen, zum Schicksalstag werden konnte. Seit 1917 war Sparta zu Hause unbesiegt und galt - auf dem Gipfel seines internationalen Ruhms - für unschlagbar.
Mit 3:0 aber errang der Club bei beiderseits bester Mannschaftsbesetzung seinen bis dorthin größten Triumph. Was für Prag und die Fußballwelt der Clubsieg bedeutete, faßte der Verbandskapitän der Tschechen in die Worte: "Man kann Nürnberg als die beste Mannschaft des Kontinents betrachten." Bei uns alten Fußballhasen gilt noch heute dieser 1. Oktober 1922 als der größte Tag der nun 67jährigen Geschichte des 1. FCN! Diese Vorrede wollten wir unseren jungen Sportskameraden nicht vorenthalten. Sie begründet die Erwartungen, mit denen der Club die Wiederaufnahme der Beziehungen begrüßt.
Das neuerliche Privatspiel nun fand - wie zur Zeit immer noch jedwedes Privatspiel - nicht ganz das Interesse der breiten Menge. Ein gewitteriger Himmel mochte ein übriges dazutun, um für ein Werktagsflutlichtspiel - in Nürnberg schon immer wenig gefragt - mit 18000 eine nur mittelmäßige Kulisse zuzulassen. Die Ausgebliebenen werden vielleicht lange warten müssen, bis ihnen wieder eine derart spiel- und zugleich kampfstarke Klassemannschaft dargeboten wird.
Eine Halbzeit lang erwies sich unsere Streitmacht als gleichwertig. Da Trainer Merkel nur ein paar Testspiele verbleiben, wechselte er ein halbesdutzendmal aus, was zwar die Zuschauer verschupfte, aber im Hinblick auf ein künftiges Bundesligarisiko zur Überwindung verständlichen Lampenfiebers bei den Jungen wohl kaum anders zu machen ist. Routine fällt einem eben nur langsam bei und bei internationaler Prüfunf merkt man ihr Fehlen am deutlichsten, nur Blankenburg hielt schon mit. Die Prager wechselten auch, zwar nur zweimal. Vielleicht haben sie damit den Sieg verspielt. Das rettete dem Club das Prestige, um das er, auf internationalen Parkett nicht minder wie in der Bundesligamanege, noch viel kämpfen müssen.
Hinten steht unsere Mannschaft noch nicht. Die Abwehr bedeutete aber schon im letzten Spieljahr nicht gerade das Sorgenkind, die Probleme werden sich schon lösen lassen, zumal junge Kräfte im Kommen sind. Der neue Clubsturm darf als verstärkt gewertet werden, zumindestens auf der linken Seite. Das ach wie lange gerügte Klein-klein war durch weites, raumschaffendes Zuspiel schon bemerkenswert oft abgelöst, die Schußfreudigkeit verbessert. Das Freilaufen der Stürmer und das rasche Abspiel, vor allem an die Flügel - soferne sie draußen bleiben! - wird des Trainers Energie noch "merkelig" verbessern müssen, manchmal klappte es schon recht schön. An der Kondition fehlt es begreiflicherweise noch.
Der Gegner aus der CSSR bot die reifere Leistung. So einen Sturm werden wir selten wieder einmal sehen und noch seltener eine so pfundige Schußgewalt. Nur zwei tüchtige Torhüter, wie sie uns heute zur Verfügung standen, dazu mit dem nötigen Glück gesegnet, können da bestehen. Die Gästeabwehr war verläßlich und - erfahrener als auf unserer Seite, trotz Wenauers Spitzenleistung. Es heißt schon etwas, wenn des Gegners Kabinettstückchen in Nürnberg mit Beifall auf offener Szene belohnt werden. Ein paar Fouls jedoch - leider von unserer Seite provoziert - hätten beinahe die bewundernde Anerkennung durch die Zuschauer noch zum Umschwung gebracht.
Alles in allem: Wir sind zufrieden mit diesem Tage. Die Hoffnungen auf das fünfte Bundesligajahr wurden nicht verschüttet, wenn auch noch viel, sehr viel zu tun bleibt. Aber Rom ist ja auch nicht an einem Tage erbaut worden!
Pelzner