Man muß es der Clubelf lassen: sie hatte sich auf das letzte Spiel der Saison, bei dem es „nur" noch um das Prestige ging, gewissenhaft vorbereitet, auch wenn man im Training ein wenig kürzer getreten hatte. Wollte man doch der Meisterkrone den letzten Glanz verleihen. Die Dortmunder begannen ihren Auftritt mit einer netten Geste: sie schritten die Front der Clubspieler ab und drückten jedem Kämpen der Meisterelf glückwünschend einzeln die Hand. Auf dem Rasen freilich waren sie keineswegs gewillt, etwa nur die Staffage für den Abgang der Meistermannschaft abzugeben. Sie kämpften mit vollem Einsatz und machten vielleicht gerade dadurch den Abschluß der Spielzeit für den Club um so eindrucksvoller. Denn wenn auch die ungewohnte Schwüle ein wenig drückte, so sahen die Zuschauer im vollgefüllten Stadion doch ein kämpferisches, abwechslungsreiches Spiel mit einigen guten Erfolgsgelegenheiten auf beiden Seiten. Daß der Club schließlich das bessere Ende behielt, war nicht nur verdient, sondern wurde der Situation verständlicherweise auch am besten gerecht.
Wir wollen angesichts des Erfolges unserer Männer, der ja insgesamt in erster Linie ein echtes Mannschaftswerk ist, die Sonde der Kritik nicht an die Einzelleistungen legen. Begnügen wir uns also mit der Feststellung, daß Ludwig Müller - wie seit langem -wieder eine solch erfolgreiche kämpferische Partie lieferte, daß auch Bundestrainer Helmut Schön zu der Erkenntnis kam, daß der Ludwig nationalmannschaftsreif ist. Wenn neben dem im Einsatz vorbildlichen Brungs, der zu gerne Rekordschütze der Spielzeit geworden wäre, noch ein Spieler herausragte, dann war es der Wirbelwind Cebinac, der eine seiner besten Partien im Nürnberger Stadion lieferte und einmal mehr bewies, was er für die Clubmannschaft wert ist. Der Tschebi ist, vielleicht schon konstitutionsbedingt, ein besonders sensibler Spieler, der Anpfiffe seines Trainers nicht ohne Wirkung hinunterschluckt. Vielleicht litt seine Leistung gelegentlich auch unter dieser Sensibilität. Er ist halt ein Bursche, bei dem möglicherweise gelegentlich ein gutes Wort besser zieht als die Peitsche und MM kennt - auch wenn er uns in seinem Buch etwas anderes weismachen will - neben dem Zuckerbrot und der Peitsche durchaus auch die Kraft des Gefühls und des Gemüts, Das ist die andere Seite unseres Trainers, die ihm beispielsweise vom DFB-Bundesgericht nicht honoriert wurde, weil man ihn kennen muß, um sie zu begreifen. Der erfolgreiche Mann, der zu seinem stolzen Triumph seine 71jährige Mutter aus Wien herbeigeholt hatte, um sie an seiner Freude teilnehmen zu lassen, das ist eben beispielsweise der „andere" MM. Und weil wir um diese, von ihm selbst gerne versteckte Seite Max Merkels wissen, glauben wir, daß nach Tschebis wirklich vorbildlichem Einsatz beim letzten Spiel die Plattform gefunden ist, auf der sich beide zu beider Zufriedenheit begegnen. Gewiß hat der Tschebi inzwischen ja auch gemerkt, daß für den Profi unter der erfolgreichen Regie MM's zuerst der Fußball kommt, hinterher erst alles andere.
Nach dieser Abschweifung aber laßt uns wieder ins Stadion zurückkehren! Der Himmel hatte dem Tag echtes Clubwetter beschert, ein noch nie gesehenes Meer von Fahnen flatterte über den erwartungsfreudigen und am Ende begeisterten Rängen und zum guten Ende schien der Jubel die Betonwälle beinahe zu sprengen. Die Übergabe des Meisterschaftstellers war nochmals ein Höhepunkt, die Ansprachen des DFB-Präsidenten Dr. Gösmann und des Oberbürgermeisters Dr. Urschlechter waren von inhaltsvoller Kürze. Die Ehrenrunde unserer tüchtigen Mannschaft aber ging beinahe im Geleitsturm von jubelnden Anhängern, Fahnen, Begeisterung, Dank und Glück unter. Mir fällt an diesem stolzen Tag kein anderes Fazit ein als dies: Unser Fußball ist das schönste Spiel der Welt.
Dr. K. Brömse
- - -
Links: Das letzte Saisontor und damit den 2:1-Sieg über Borussia Dortmund erzielte Heinz Strehl mit Kopfball. Torwart Wessel sieht wie festgenagelt dem Flug des Balls ins Tor zu.
Rechts: Von nah und fern eilten die Clubfans zum letzten Spiel und zur Meisterkrönung ins Stadion. Die „Ehrenrunde" für ihren Club durfte natürlich nicht fehlen.
- - -
Links: Der große Augenblick ist gekommen: Kapitän Heinz Strehl erhält von DFB-Präsident Dr. Hermann Gösmann die begehrte Meisterschale. Rechts strahlt Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Urschlechter.
Rechts: Vier Generationen deutsche Meisterspieler des 1. FCN verkörperten v. 1. - Carl Riegel, Tipfi Oehm, Max Morlock und, Heinz Strehl beim Interview mit Rundfunkreporter Oskar Klose (Mitte mit Mikrofon).
- - -
Links: Nach 34 Bundesligaspielen erschöpft - aber glücklich, unter dem Meisterkranz der Stadt Nürnberg. Cebinac (links) und Leupold.
Rechts: Auf der Ehrenrunde im Stadion können sich die Clubspieler kaum der begeisterten Fans erwehren. Heinz Strehl mit der Meisterschaftsschale, links wartet Georg Volkert schon auf seinen „Einsatz". Jeder Spieler durfte die Trophäe einmal tragen.