Am 3.10.66 nachmittags gegen 15.00 Uhr startete die Club-Mannschaft mit dem Flugzeug nach Valencia, um das fällige Messepokal-Rückspiel auszutragen. Die Vorstandschaft unter Führung von Herrn W. Luther ließ es sich nicht nehmen, die Mannschaft und die Begleiter zu verabschieden und ihr die besten Wünsche mit auf den Weg zu geben.
Die Aussichten auf einen Erfolg waren nicht sehr günstig, da die Spanier schon in Nürnberg nach hervorragenden Leistungen mit 2:1 die Oberhand behalten hatten. Die Reise war von Herrn W. Hader, dem Leiter des hiesigen ABR, hervorragend vorbereitet, so daß während der Tage in Spanien keine Pannen auftreten konnten.
Wir flogen zunächst nach Frankfurt und vom dort mit einer Düsenmaschine der Swiss Air nach Genf. Dabei konnten wir die herrliche Bergwelt der Alpen mit dem herausragenden Mont-Blanc-Massiv bewundern. Nach einer Zwischenlandung in Genf ging's über Südfrankreich und das Mittelmeer nach Barcelona. Eine Gewitterfront schüttelte uns ganz schön durcheinander, so daß unser Benjamin Adelmann ein etwas unfreundliches Gefühl in der Magengegend verspürte, In Barcelona hatten wir einen mehr als zweistündigen Aufenthalt, so daß wir erst gegen Mitternacht in Barcelona ankamen.
Zum Empfang war die Vorstandschaft des FC Valencia vollzählig erschienen und überreichte unserem Vorstandsmitglied, Herrn F. Böhm, einen großen Strauß roter Nelken. Ein bereitgestellter Omnibus brachte uns in ein erstklassiges Hotel. Da wir alle rechtschaffen müde waren, schliefen wir schnell ein.
Überrascht waren wir am nächsten Morgen, als es teilweise in Strömen regnete. Die Spanier waren selbst darüber sehr verwundert, da in diesem Sommer noch kein Tropfen vom Himmel gefallen war.
Herr Dinnbier, ein spanischer Spielzeugfabrikant und geborener Deutscher, der Nürnberg von der Internationalen Spielwarenmesse her gut kennt, lud die Clubdelegation, zu der inzwischen Herr Dr. Wortner gestoßen war, zu einem Stadtbummel und zur Besichtigung der Sehenswürdigkeiten ein. Später hatten wir noch Gelegenheit, einen Rundgang durch seine neuerbaute Spielwarenfabrik zu machen. Wir waren sehr davon angetan, daß Herr Dinnbier immer noch stolz auf seine alte Heimat war, obwohl er seit 30 Jahren die spanische Staatsbürgerschaft besitzt. Die Mannschaft selbst absolvierte am Nachmittag ein leichtes Lockerungstraining im Stadion der Stadt. Für den Abend hatte die Vorstandschaft des FC Valencia die Delegierten des Clubs zu einem Bankett gebeten. Dem 1. FCN wurde ein großer silberner Pokal und kleine Geschenke für die Mannschaft als Erinnerung an das Messepokalspiel überreicht. Der Präsident des gastgebenden Vereins fand herzliche Worte für die Freundschaft Nürnberg-Valencia und das gute deutsch-spanische Verhältnis. Unser 2. Vorstand, Herr Dr. Wortner, antwortete ebenfalls mit sehr freundlichen Worten.
Der Spielbericht
Bei den Spaniern hat der Messepokal fast die gleiche Bedeutung wie der Europacup der Landesmeister und Pokalsieger. Wir konnten uns davon überzeugen, als am, Mittwochabend ca. 50 000 Zuschauer ins Stadion des FC Valencia gekommen waren. Punkt 20.30 Uhr war es soweit, daß unsere Mannschaft unter Leitung des korrekten schottischen Schiedsrichters in der „Münchener Aufstellung" ins fast ausverkaufte Stadion einlief. Für deutsche Verhältnisse ist bemerkenswert, daß das Rasenfeld von keiner Aschenbahn umsäumt, sondern schon 1 1/2 Meter nach der Außenlinie von den steilansteigenden Zuschauerrängen eingesäumt wird. Man glaubt sich in einem richtigen Kessel zu befinden. Welche Atmosphäre, wenn die Zuschauer je nach Spielsituation schreiend und pfeifend oder auch beifallklatschend ihre Mannschaft lautstark unterstützen!
Was mancher befürchtet hatte, traf auch ein. Die Spanier begannen mit einem ungeheuren Tempo und überrumpelten den Club in den ersten 8 Minuten mit zwei Toren, die nicht ganz unvermeidbar erschienen, Beim ersten Tor wurde Wabra so unfair angegangen, daß zwei Zähne seines Oberkiefers lockergeschlagen wurden. Das zweite Tor war fast eine Kopie des ersten Tores der Spanier in Nürnberg. Aus ca. 17 Metern schoß der Halbrechte Valdo, der „Eusebio" der Spanier, einen Strafstoß unhaltbar ein. In der Folgezeit mußte man um den 1. FCN bangen, obwohl er sich schnell wieder fand und auch zügige Gegenangriffe über die beiden Außen Greif und Volkert startete. Letzterer war an diesem Tage besonders gut aufgelegt und ließ seinen Verteidiger in der ersten halben Stunde wiederholt aussteigen. Erst die übertriebene Härte des spanischen Verteidigers bremste in der zweiten Halbzeit die Tatenlust des Clublinksaußen, Einmal zog er einen scharfen Schuß haarscharf am Gehäuse des hervorragenden Gästetorhüters vorbei. Die Spanier kämpften mit einem Einsatz, als gäbe es eine Weltmeisterschaft zu gewinnen. Der Club gestaltete das Spiel gegen Ende der ersten Halbzeit durchaus offen, was auch durch den Eckenstand von 5:3 bei Halbzeit und von 8:6 am Ende der Partie dokumentiert wird. In der zweiten Halbzeit machte unsere Elf zunächst das Spiel. Greif vergab nach guter Vorarbeit von Brungs in der 52. Minute die Chance zum Anschlußtreffer. Ludwig Müller feuerte 10 Minuten später einen Gewaltschuß aufs spanische Tor, den der Torhüter nur mit Mühe aus der Ecke boxen konnte. Sobald unsere Mannschaft offensiv spielte, kam die spanische Hintermannschaft mehr in Bedrängnis als ihr lieb war; aber die unerhört schnelle Partie hatte auch sehr an den Kräften der Clubspieler gezehrt, so daß allmählich die Spanier wieder das Kommando übernahmen und mehrere gefährliche Angriffe starteten. Aber mit dem Glück des Tüchtigen wehrte Wabra im Verein mit unserer ausgezeichneten Hintermannschaft alle noch so gut gezielten Schüsse der Spanier ab. Nach dem Abpfiff des schottischen Schiedsrichters feierten die Zuschauer ihre Mannschaft mit südländischem Temperament. Ich glaube, daß diese spanische Mannschaft, die zur Zeit Tabellenführer ist, im Messepokal noch weiterkommen wird.
Nach einem wunderschönen Flug mit Zwischenstationen in Barcelona und Frankfurt landeten wir gegen 2.30 Uhr wieder wohlbehalten in Nürnberg.
Dr. Lobenhofer