Rund 12 000 Zuschauer froren und bangten! Denn was der Club drei Tage vor Frühlingsanfang zeigte, erinnerte nur zu sehr an die Zeit, da es beim 1. FCN zu „herbsten" begann. Oder noch präziser ausgedrückt, der Club spielte, obwohl ihm zwischenzeitlich einige verheißungsvolle Auswärtserfolge gelangen, kaum anders als an jenen trüben November- und Dezembertagen.
Das freilich kam nicht von ungefähr, denn die Hannoveraner warteten mit einer betont defensiven Marschroute in Nürnberg auf, während der 1. FCN gleichfalls einem System huldigte, das entweder einen offensiv spielenden Gegner oder eine Clubelf voraussetzt, deren Mittelfeld- und Abwehrspieler stürmen und schießen können. Spieler dieser Art aber sind beim 1. FCN nach wie vor Mangelware, Das 4-3-3 des Clubs war daher zur Erfolglosigkeit verurteilt.
Gewiß, der 1. FCN dominierte nicht nur im Mittelfeld, sondern berannte nahezu pausenlos das Hannoveraner Tor. Doch seine Aktionen waren zu durchsichtig und zu ideenlos, um die vielbeinige Gäste-Abwehr ernsthaft in Verlegenheit zu bringen. Außerdem überboten sich etliche Nürnberger im Danebenschießen, und das selbst in guter und unbedrängter Lage. Wäre dies nicht der Fall gewesen, dann hätte der Club längst in Führung liegen müssen, ehe Tormann Strich zum bedauernswertesten Akteur auf dem Feld wurde.
Der Schlußmann des Clubs, der aufgrund der in Düsseldorf erfolgten Hinausstellung Wabras erneut Gelegenheit zu einer Bewährungsprobe erhielt, hatte bis zur 38. Minute einen durchaus sicheren Eindruck gemacht und zwei brenzlige Situationen großartig bereinigt. Dann aber geschah das für Freund und Feind nahezu Unfaßbare. Ein harmloser Roller Rodekamps entglitt seinen Händen und kullerte über die Torlinie. Verzweifelt und geknickt kniete Strich am Boden, doch zum Glück hielt sein Schock nicht lange an. Das Clubspiel allerdings wurde nach diesem Treffer noch verkrampfter. Selbst Senior Heiner Müller, der bis dahin mit klugen Pässen glänzte, verlor zuweilen die Übersicht. Freilich, nur zu oft hatte der fleißige Heiner überhaupt keine Abspielmöglichkeit, da seine Kameraden immer wieder in die gegnerische Abwehrmauer hineinrannten, anstatt sich vom Gegner zu lösen.
Die alte Fußballweisheit, daß eine massierte Deckung nur über die Flügel und mit gezielten Weitschüssen aufgebrochen werden kann, schien in der 2. Halbzeit vollends in Vergessenheit geraten zu sein. So war es denn kein Wunder, daß bereits eine Viertelstunde vor dem Schlußpfiff viele Zuschauer verärgert abwanderten und erst zu Hause erfuhren, daß der Club doch noch einen Punkt ergattern konnte.
Das kaum noch erwartete 1:1, das in der 88. Minute fiel, besorgten Heiner und Ludwig Müller. Heiner trat einen Eckball und Ludwig lenkte das Leder mit dem Kopf ins Netz. Dieses Tor war zwar rein zeitlich gesehen ein Glückstreffer, doch es war verdient, denn der Ausgleich hätte bereits fallen können, als Volkert mitte der zweiten Halbzeit mit einem tollen Schuß nur den Querbalken traf.
A. W.