Das bayerische Derby, Club - Bayern München, brachte zwar mit insgesamt 59 000 zahlenden Zuschauern den erhofften Rekordbesuch, aber nicht das erwartete große Spiel. Kein Wunder, denn bis zur 77. Minute machte der 1. FCN keinerlei Anstalten, offensiv zu werden. Mehr noch, die Gastgeber ließen bis dahin übertriebene Vorsicht walten und spielten zumeist mit 6 Verteidigern.
Wenauer übernahm die Rolle des „Ausputzers", Hilpert und Popp beschatteten die Münchner Flügelstürmer, Ferschl heftete sich an die Fersen Ohlhausers, Reisch versuchte lediglich Müller an die Kette zu legen und Flachenecker, der nicht nur aufbauen, sondern auch Koulmann bewachen sollte, vermochte der ersten Aufgabe kaum gerecht zu werden.
Die Bayern hingegen, die darauf verzichteten, mit einem „Ausputzer" aufzuwarten, bewiesen, daß sie es nicht nötig haben, Auswärtspunkte zu ermauern.
Ihr System glich eher einem „WM" als einem „4-2-4", zumal der Club zumeist mit nur 3 Sturmspitzen (Allemann, Brungs und Volkert) angriff, denn Strehl mußte wohl oder übel als Verbinder operieren. Somit war sein Bewacher - es war zunächst Rigotti und dann Kupferschmidt - ebenso im Mittelfeld zu finden wie der linke Münchner Außenläufer Drescher, der keinen direkten Gegenspieler hatte und zum ungestörten Ankurbler werden konnte.
Wie entgegengesetzt die Marschrichtungen beider Mannschaften waren, geht auch daraus hervor, daß die Bayern selbst nach dem l :2 noch offensiv blieben, obwohl sie damit dem nunmehr stürmenden Club die Möglichkeit zum Ausgleich gaben.
Die Partie wies in der l. Halbzeit kaum nennenswerte Szenen auf. Die technisch perfekter wirkenden Bayern vermochten zwar im Mittelfeld zu überzeugen, blieben aber immer wieder im dichten Abwehrnetz der Nürnberger hängen.
Das l :0 fiel in der 8. Minute, als Strehl einen Foulelfmeter unhaltbar verwandelte. Sekunden zuvor hatte Kupferschmidt den Nürnberger Linksaußen Volkert im Strafraum regelwidrig zu Fall gebracht, Dennoch war die daraus resultierende Strafstoßentscheidung sehr hart und man konnte ahnen, daß SR Jakobi nicht zögern würde, auch den Gästen einen Elfmeter zuzusprechen, falls sich ein Nürnberger mit nicht ganz hasenreinen Mitteln zur Wehr setzen würde. Dies geschah in der 36. Minute, als Reisch den durchgebrochenen Müller behinderte. SR Jakobi deutete sofort auf den Elfmeterpunkt und Brenninger ließ Wabra keine Chance. Eine Minute vor Halbzeit konnte Wabra dem einschußbereiten Ohlhauser das Leder im letzten Moment vom Stiefel schnappen.
Nach der Pause kamen die Bayern immer besser ins Spiel. Müller vermochte von Reisch kaum noch gebremst zu werden und der Führungstreffer der Münchner begann sich abzuzeichnen. Doch zunächst verhinderte Wabra mit einer großartigen Fußabwehr das 1:2. Dann wurde ein von Ohlhauser erzielter Treffer wegen Abseits nicht anerkannt. Die Partie wurde immer härter. Flachenecker leistete sich ein böses Foul an Brenninger und hatte viel Glück, nicht vom Platz gestellt zu werden. Wenig später wurde Hilpert zu Boden gerammt. Aber die Gemüter beruhigten sich wieder. In der 77. Minute traf Koulmann mit einem Sonntagsschuß ins Schwarze. Das Spiel schien entschieden zu sein, doch nun setzte der Club zu einem Schlußspurt an. Endlich erhielt das Treffen die lang vermißte Farbe, endlich kamen die Sechzigtausend auf ihre Rechnung und konnten begeistert mitgehen.
Sieben Minuten vor dem Schlußpfiff rollte der nach links rochierte Strehl die Bayern-Abwehr auf und schaltete mit einem exakten Flankenball auch noch Beckenbauer und Maier aus. Brungs war zur Stelle und lenkte das Leder mit dem Kopf zum Ausgleich ein. Dann hatte Strehl nochmals eine Chance, aber er schoß zu überhastet. Der Ball strich über das Gästetor.
Nun, ein Clubsieg hätte dem Spielverlauf keineswegs entsprochen und der 1. FCN konnte schon damit zufrieden sein, daß doch noch ein Punkt in Nürnberg blieb.
A. W.