Nur 8 000 zahlende Zuschauer oder genauer gesagt, die Treuesten der Getreuen, hatten sich zu diesem Bundesligaspiel eingefunden. Sie erlebten zwar einen Clubsieg, doch man braucht kein großer Prophet zu sein, um einen weiteren Zuschauerschwund vorauszusagen. Pfiffe und Gelächter auf den Rängen deuteten an, daß sich Nürnbergs Fußballfreunde an die derzeitige Fußballkost kaum gewöhnen werden. Fußball nach dem Geschmack des heimischen Publikums aber wird der Club erst dann wieder zu bieten vermögen, wenn er zu seinem Stil zurückfindet. Die Stärke des 1. FCN war seit eh und je ein ausgeprägtes Mannschaftsspiel, das im Mittelfeld vom magischen Viereck, das heißt, von den Außenläufern und Halbstürmern getragen wurde. Seit Wochen ist davon nichts mehr zu sehen. Selbst gegen den Abstiegskandidaten Borussia Neunkirchen wurde ein allzu stures "4-2-4" gespielt.
Daß es dennoch zum Sieg reichte, ja, daß darüber hinaus noch klare Möglichkeiten versiebt wurden, zeugt lediglich von der Schwäche der gegnerischen Abwehr. Dabei soll nicht verschwiegen werden, daß die ersatzgeschwächten Gäste mit zwei Neulingen antreten mußten. Auch die Clubabwehr sah nicht allzu gut aus und das, obwohl sie mit einem „Ausputzer" operierte.
Das Spiel selbst ließ in punkto Tempo und Einsatzfreudigkeit nichts zu wünschen übrig. Man sah auch kernige Torschüsse. Vor allem der Neunkirchener Rechtsaußen Elmar May gab mehrmals Proben seiner Schußkraft. Die Clubstürmer hingegen hatten das Visier schlecht eingestellt. Zwar erzielte Franz Brungs in der 17. Minute nach einer feinen Flanke von Reisch durch einen nicht minder prächtigen Kopfball das l :0, dann aber vergaben er und Flachenecker zwei glasklare Chancen. Kurz vor dem Pausenpfiff jagte May einen Freistoß an den Querbalken des Clubtores.
In der 2. Halbzeit spielte Tasso Wild Rechtsaußen. Er hatte sich in den ersten 45 Minuten eine Zerrung am Oberschenkel zugezogen und konnte nur noch als Statist mitwirken. Dafür rückte Brungs auf halblinks. Der Ex-Dortmunder, der schon vor dem Seitenwechsel zu den effektvollsten Clubstürmern zählte, machte in der 47. Minute seinem Beinamen „Goldköpfchen" erneut alle Ehre. Linksaußen Greif hatte präzis geflankt und zum zweiten Mal lenkte Brungs das Leder mit dem Kopf ins Borussen-Netz. Kurz darauf schien das 3:0 fällig zu sein. Eine feine Einzelleistung von Heinz Strehl ging voraus, doch Brungs konnte dessen Zuspiel nicht verwerten. Weitere Chancen blieben ungenutzt, weil kein Nürnberger zur Stelle war, wenn Brungs oder Greif nach gelungenen Durchbrüchen das Leder vors Tor servierten. Erst eine Quer-Steilkombination alter Clubprägung - die einzige während der ganzen Begegnung - verschaffte Flachenecker die Möglichkeit auf 3:0 zu erhöhen. Die Saarländer steckten deshalb noch lange nicht auf. Im Gegenteil, sie bemühten sich nach Kräften um eine Verbesserung des Resultats und in der 83. Minute war es soweit. Der Halbrechte Kuntz schnappte sich das Leder und ließ die gesamte Clubabwehr stehen. Er kannte es, ohne mit verblüffenden Tricks aufwarten zu müssen, denn niemand machte Anstalten, ihn vom Ball zu trennen. Nur Wabra, der aus seinem Gehäuse geeilt war, versuchte das Unheil zu verhüten. Doch Kuntz ließ ihm keine Chance.
Nun drehten die Borussen nochmals mächtig auf, aber es blieb beim farblosen 3:1-Erfolg des Clubs.
A. W.