Viele der knapp 20 000 Zuschauer haben vermutlich schon mit Vergnügen festgestellt, daß es unmöglich sei, von Edgar Wallace nicht gefesselt zu werden. Doch selbst sein Meisterwerk „Der Hexer" dürfte keinen der anwesenden Wallace-Leser mehr gepackt haben als dieses Bundesligaspiel. Freilich, so recht dramatisch wurde die Begegnung erst nach einer guten halben Stunde. Bis dahin strapazierte lediglich der großartige Braunschweiger Torhüter Jäcker die Nerven der Clubstürmer. Er schien zunächst unschlagbar zu sein, doch die Schußfreudigkeit der Nürnberger ließ darauf hoffen, daß trotzdem noch genügend Treffer fallen würden. Sie fielen auch, aber vorerst auf der verkehrten Seite.
In der 33. Minute war die keineswegs überzeugende Clubdeckung allzu leichtfertig und schon hatte Mittelstürmer Wuttich einen vom Querbalken zurückspringenden Ball ins Netz geköpft. 60 Minuten später schloß der Braunschweiger Halbrechte einen weiteren Angriff mit einem plazierten 16-m-Schuß ab. Wabra flog zwar in die bedrohte Ecke, doch er konnte das Leder nur noch mit den Fingerspitzen berühren. Damit mußte der Club erneut innerhalb weniger Minuten zwei Treffer hinnehmen, Auf den Rängen herrschte lähmendes Entsetzen. Erinnerungen an katastrophale Clubniederlagen wurden wach. Sollte sich eine neue anbahnen?
Doch die Nürnberger forcierten das Tempo, Der Anschlußtreffer hing in der Luft, aber er fiel auch dann nicht, als dem Club nach einem klaren Foul an Heiner Müller ein Elfmeter zudiktiert wurde. Reisch nahm zwar genau Maß, aber Jäcker vollbrachte eine weitere Glanzleistung. Das war etlichen Fans zuviel. Sie warfen die Flinte vorzeitig ins Korn und begannen zu pfeifen. Kurz nach der vergebenen Strafstoßchance landete ein Kopfball von Strehl am Querbalken. Nun glaubten auch viele Optimisten kaum noch an eine Wendung, denn wann hatte der Club schon das Kunststück fertig gebracht, einen 0:2-Rückstand wettzumachen?
Die Skeptiker schienen zunächst recht zu behalten. Der Club kämpfte zwar nach dem Seitenwechsel verbissener denn je, doch ohne Erfolg. Jäcker und immer wieder Jäcker ließ den Tarschrei auf den Lippen ersterben. Zudem wurden die Nürnberger von Minute zu Minute nervöser. Selbst dem vor der Pause fehlerlos spielenden Allemann unterliefen einige Fehlpässe. Doch in der 54. Minute wurde der Bann gebrochen. Heinz Strehl konnte nur regelwidrig gebremst werden und die zweite Elfmeterchance ließ sich Stefan Reisch nicht mehr entgehen. Eine erneute Glanzparade von Jäcker verhinderte, daß dem Anschlußtreffer sofort der Ausgleich folgte. Heiner Müller hatte aus kurzer Distanz geschossen, aber der Braunschweiger Schlußmann reagierte unwahrscheinlich.
Noch siebzehn Minuten waren zu spielen, als Allemann das Leder endlich zum 2:2 in die Maschen wuchten konnte. Jetzt ahnten alle, daß den pausenlos stürmenden Nürnbergern auch noch der Siegestreffer gelingen würde. In der 80. Minute war es soweit. Heiner Müller servierte Strehl das Leder und Heinz lenkte den Ball am herausstürzenden Jäcker vorbei ins Tor. Damit war das kaum glaubliche Tatsache geworden, der Club hatte in der 2. Halbzeit das Blatt zu wenden vermocht.
Noch zweimal machte Jäcker klare Chancen zunichte, ehe der ausgezeichnete Schiedsrichter Ott eine Begegnung abpfiff, die alle Clubfreunde lange Zeit bangen und zum Schluß doch jubeln ließ. Jäcker und Ulsaß waren die herausragenden Spieler der Gästemannschaft, der 1. FCN hatte m Allemann, Strehl und Greif seine wirkungsvollsten Stürmer und Spieler. Alle Cluberer aber haben aufgrund ihrer vorbildlichen kämpferischen Leistung zu diesem Sieg beigetragen.
A.W.