Nürnbergs Fußballfreunde hatten allen Grund zur Freude. Der Club schlug den Deutschen Meister und spielte streckenweise so überzeugend auf, daß die rund 40000 Besucher mitunter eine Neuauflage des Endspiels von 1961 zu sehen glaubten.
Wiederum lieferte der unermüdliche Heiner Müller eine Glanzpartie. Erneut war Heinz Strehl nicht zu alten und da auch Max Morlock, Steff Reisch und Heinz Ferschl mehr als ihr Soll erfüllten, hatte der Club endlich wieder ein magisches Viereck. Hinzu kam, daß mit Helmut Hilpert jener Verteidiger eine Chance erhielt, der unerbittlich deckt und die Kreise seiner Gegenspieler schon im Mittelfeld zu stören wagt. Auch Fritz Popp und Horst Leupold lösten ihre Aufgaben gut, während Roland Wabra den Borussen-Stürmern den letzten Mumm nahm. Reaktionssicher und mit stoischer Ruhe hielt der Schlußmann des Clubs, was auf seinen Kasten kam. Von elf Spielern im rotschwarzen Dreß hatte lediglich Rechtsaußen Dachlauer einen schlechten Tag. Dafür trumpfte Linksaußen Albrecht umso wirkungsvoller auf. Richard machte mit dem routinierten Verteidiger Burgsmüller, was er wollte.
Dennoch sah es in der ersten Viertelstunde nicht nach einem Sieg der Nürnberger aus. Die Gäste begannen meisterhaft. Fünf Eckbälle und etliche gute Torchancen waren Ausbeute ihres ausgezeichneten Starts. Lange Pässe, verwirrende Direktkombinationen, knallharte Schüsse, kurz alles, was zum Repertoire einer Klasse-Elf gehört, wurde von Dortmund beinahe spielend demonstriert. Doch der Club überstand diese Zeit mit Glück und Geschick. Vor allem Roland Wabra zeichnete sich immer wieder aus. Allmählich faßte der Club Tritt. Hilpert, Ferschl, Leupold und Co. wichen ihren Gegenspielern nicht mehr von den Fersen. Das Feuerwerk der Borussen wurde schon im Entstehen gelöscht. Mehr und mehr brannte es auch vor dem Dortmunder Gehäuse. In der 24. Minute angelte sich Maxl Morlock im Borussen-Strafraum das Leder. Vier "Gelbschwarze" umkreisten ihn, doch Maxl bugsierte im Fallen die Kugel zu Heinz Strehl und der Clubmittelstürmer traf mit einem Bombenschuß ins Schwarze. Die Gäste wollten postwendend den Ausgleich erzwingen, aber es war nur ein Aufbäumen. Ihre Kräfte begannen nachzulassen. Der schwere Boden und die vorausgegangenen Europa-Cupspiele forderten ihren Tribut. Der Club behielt das Kommando. Zunächst erzielte Heiner Müller einen bildhübschen Kopfballtreffer, aber der Clubhalblinke stand abseits. 6 Minuten vor dem Pausenpfiff verwertete Heinz Stehl einen feinen Paß von Morlock zum 2:0.
Nach Seitenwechsel versuchten die Dortmunder nochmals mit aller Macht das Blatt zu wenden. Doch plötzlich entwischte der nach rechts rochierte Albrecht seinen Bewachern, flankte maßgerecht und Maxl Morlock überlistete mit einem Kopfball alter Güte seinen alten Freund Kwiatkowski. Damit war das Rennen gelaufen. Mehr noch, die Nürnberger zogen nun ein Spielchen wie in alten Zeiten auf und hetzten die Dortmunder minutenlang durch die Gegend. Der Spielfluß der Zaboaner ließ in dieser Phase nichts zu wünschen übrig. In der 78. Minute stellte Heinz Strehl mit einem plazierten Schuß den Endstand her.
Der Club hat großartig gespielt. Niemand hat damit gerechnet, daß der 1. FCN ausgerechnet gegen Dortmund seinen bislang höchsten Bundesliga-Sieg erringen würde. Dennoch wird kein Cluberer diesen Erfolg überschätzen. Denn man weiß aus eigener Erfahrung welch großem Kräfteverschleiß Mannschaften unterworfen sind, die gleichzeitig im Europa-Cup stehen.
A.W.