Der große Endspurt des Clubs hielt an. Dieses Mal wurden sogar die Bayern besiegt, und dennoch - das Fazit der 31. Bundesligarunde lautet: Die von einem meisterlich aufspielenden Club geschlagenen Münchner wurden dank kaum erwarteter Schützenhilfe Meister, während die Nürnberger, einmal mehr vergeblich auf Hilfsdienste Dritter hoffend, Tabellenletzter blieben. Doch was soll's. Zum Bangen um den Klassenverbleib hat sich just nach dieser Partie neue Hoffnung gesellt. Das um so mehr, als der Club in der Tat an alte Zeiten zu erinnern vermochte und eine Gesamtleistung bot, die - sofern sie noch dreimal gebracht werden kann - zum rettenden Ufer führen müßte.
Dem 1. FCN gebührt deshalb ein Gesamtlob. Darüber hinaus jedoch verdienen besonders erwähnt zu werden: Rynio, Volkert, Cebinac, Zaczyk, L. Müller und Wenauer. Rynio hielt nicht nur fehlerfrei, sondern parierte auch etliche unhaltbar scheinende Bälle. Volkert, dem das Prädikat bester Stürmer zuerkannt werden muß, sowie Cebinac, rissen immer wieder die Bayerndeckung auf. Zaczyk zählte, ob in der Abwehr oder im Angriff auftauchend, zu den wirkungsvollsten Clubspielern, Ludwig Müller ließ Gerd Müller kaum zur Geltung kommen und Wenauer war wie einst Stütze und Feuerwehrmann der Nürnberger Abwehr.
Aber auch die Bayern, die sofort erkennen ließen, daß sie keinesfalls nach Nürnberg gekommen waren, um Nachbarschaftshilfe zu leisten, enttäuschten nicht. Im Gegenteil, der neue Deutsehe Meister trug sein Teil dazu bei, daß die 42 000 ein großartiges Fußballfest erlebten.
Das Spiel selbst hätte um ein Haar mit einem Paukenschlag begonnen. Denn kaum 60 Sekunden waren vergangen, als Zaczyk nach Zuspiel von Volkert einen Schuß von Stapel ließ, den kein Goalkeeper der Welt gehalten hätte. Aber der Ball landete am Querbalken und ließ lediglich das Bayern-Tor erzittern. Doch nach diesem vielversprechenden Club-Auftakt begannen die Münchner zu stürmen. Zunächst hatte Rynio Glück, als Brenninger nach einem Schuß von Starek nur um Sekundenbruchteile zu spät kam. Dann mußte Nürnbergs Schlußmann aus seinem Gehäuse stürzen, um Torjäger Gerd Müller die Schußbahn zu verkürzen. In der 20. Minute folgten kurz hintereinander zwei weitere Glanztaten Rynios und Münchens Führungstreffer hing in der Luft. Aber wenig später zog Volkert an Roth, Beckenbauer und Olk vorbei und sein blitzschnell abgefeuerter Schuß sprang von der Innenkante des Pfostens zum vielumjubelten 1:0 ins Netz.
Obwohl dieser Treffer wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam, waren die Mannen um Beckenbauer keineswegs schockiert. Erst das 2:0 brachte die Münchner für geraume Zeit ins Wanken. Es fiel in der 29. Minute und bahnte sich an, als Küppers einen weiten Paß zu „Cebi" gab und der Clubrechtsaußen auf die Reise ging. Maier konnte Cebinac's Flanke nur kurz abwehren, Heinz Müller's Nachschuß prallte an der Münchner Mauer ab, Küppers paßte zum besser stehenden Volkert und dessen trockener Schuß schlug unhaltbar hinter Sepp Maier ein.
Etwa 10 Minuten vor Halbzeit bäumten sich die Münchner nochmals auf, doch sie verzeichneten durch Brenninger lediglich einen Pfostenschuß.
Gleich nach Wiederbeginn hatte der Club zwei gute Möglichkeiten, die jedoch nichts einbrachten. In der 67. Minute - nach einer verunglückten Rückgabe L. Müller's - waren die Münchner dem Anschlußtreffer nahe, aber einmal mehr konnte Rynio großartig klären. Kurz vor dem Schlußpfiff schien das 3:0 zu fallen, doch der frei vor Maier aufkreuzende H. Müller hob den Ball über die Querlatte.
Unmittelbar nach Spielende wurde bekannt, daß Bayern München aufgrund der Niederlagen des HSV und des VfB Stuttgart neuer Deutscher Meister geworden war. Clubpräsident Walter Luther gratulierte als erster und die Bayern dürften trotz ihrer Niederlage die alte Noris weiterhin in bester Erinnerung behalten. Denn in Nürnbergs Stadion hatte der FC Bayern München vor 37 Jahren durch einen 2:0-Sieg über Eintracht Frankfurt seine erste Deutsche Meisterschaft errungen und an gleicher Stelle glückte den Bayern 1967 durch ein 1:0 über Celtic Glasgow der große Coup im Europacup der Pokalsieger.
Hoffen wir - und das ist auch der Wunsch des neuen Meisters, daß dem Club der Abstieg erspart bleibt.
A. Weiß