30. Spieltag 1968 / 69 Sa., 26.04.1969

Bundesliga

VfB Stuttgart - 1. FC Nürnberg

2:3 (1:3)

VfB STUTTGART:

Heinze;

Menne, Hoffmann;

Sieloff, Eisele, W. Entenmann;

Greß, Arnold, Handschuh, Larsson, Haug

Trainer: Baumann

Wechsel: ---

Tore: 1:0, 2:3 Handschuh (24., 87.)

1. FC NÜRNBERG:

Rynio;

Czernotzki, L. Müller;

Wenauer, Popp, Küppers;

H. Müller, Zaczyk, Cebinac, Nüssing, Volkert

Trainer: Klötzer

Wechsel: Strehl für Küppers (58.)

Tore: 1:1 Nüssing (25.), 1:2, 1:3 Volkert (26., 38.)

-

Schiedsrichter: Hillebrand

Zuschauer: 23.000

Besondere Vorkommnisse: Keine

Spielbericht aus der FCN - Vereinszeitung Nummer 5 vom Mai 1969

Club nahm Stuttgarter Hürde

Mehr als 4 000 Nürnberger Schlachtenbummler waren zu diesem, für den Club so lebenswichtigen Spiel nach Stuttgart gekommen. Sie brauchten ihre kurvenreiche Fahrt in die schwäbische Metropole in keiner Sekunde des Spiels zu bereuen. Schließlich erlebten sie einen 3:2-Erfolg ihrer Elf und sahen einen Club, wie er in einem Auswärtstreffen seit Monaten nicht mehr gespielt und gekämpft hatte.

Trainer Kuno Klötzer hatte seine Mannschaft hervorragend eingestellt. Von vornherein war klar, daß mit einer defensiven Haltung das Klassenziel nicht mehr erreicht werden konnte. Ein Unentschieden, so sagte man sich in Clubkreisen, würde wenig nützen, entsprechend war die Spieleinstellung.

In den ersten 20 Minuten hatte der Club drei klare Torchancen, die aber leider vergeben wurden (Nüssing). Das konsequente Flügelspiel der Nürnberger hatte den VfB bis dahin schlecht aussehen lassen. Der Club gab den Ton an und bestimmte das Tempo. Bei gelegentlichen Vorstößen des VfB war Torwart Rynio auf dem Posten und unterstrich seine ansteigende Form erneut. Daß bei der Überlegenheit der Clubelf doch der VfB in der 24. Minute mit l :0 in Führung ging, wirkte wie eine kalte Dusche. Handschuh hatte einen Flankenball von Greß ins Tor gespitzelt. Sollte nun alles aus sein? Weit gefehlt. Der Club fing sich sofort. Er machte in gleichem Stil weiter wie er das Spiel begonnen hatte. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Einen Freistoß von Cebinac wuchtete N ü s s i n g bereits eine Minute nach der Stuttgarter Führung zum l :l-Ausgleich ins Stuttgarter Netz. Um die Freude auf der Nürnberger Seite vollzumachen: Bereits eine weitere Minute später gelang Volkert das 2:1. Nun spielte der Club noch energievoller auf. Hinter den Aktionen steckte noch mehr System und überlegt wurde Angriff auf Angriff in den Stuttgarter Strafraum getragen. Als Volkerts Scharfschuß in der 38. Minute den Weg ins Stuttgarter Gehäuse fand, war die Partie praktisch entschieden.

Verständlich, daß der Club im zweiten Abschnitt kürzer trat. Der enorme Einsatz der ersten Hälfte und die hochsommerliche Temperatur forderten Tribut. Trotzdem wurde nicht aufgesteckt, manche Tormöglichkeit herausgespielt und verbissen um jeden Meter gekämpft.

Wie schon im Spiel gegen Eintracht Braunschweig fiel der dynamischen Club-Mittelreihe ein Hauptverdienst am Erfolg in Stuttgart zu. Immer wieder servierten Küppers, Heinz Müller und Zaczyk ihren Sturmspitzen Pässe nach Maß. Cebinac und Volkert waren in der Form ihres Lebens. Da konnte auch Nüssing nicht zurückstehen, dem in den ersten zwanzig Minuten bei etwas mehr Routine wahrscheinlich noch der eine oder andere Treffer gelungen wäre. Die Club-Hinterreihe spielte ohne Fehl und Tadel, sieht man vom zweiten Stuttgarter Treffer einmal ab, der überflüssig war und auf ein Mißverständnis zurückzuführen ist.

Nach Spielschluß wurden die Clubspieler gefeiert, als hätten sie mit diesem Sieg bereits den Bundesligaerhalt geschafft. Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg. Er führt über die Stationen Bayern München, Dortmund, Bremen und Köln hoffentlich zum Ziel ...

Als Resümee von Stuttgart laßt sich sagen, daß der Club die englische Woche mit Siegen über Braunschweig, Hannover und Stuttgart glänzend überstanden hat. Dafür gebührt der Mannschaft Lob und Anerkennung. Ein besonderes Lob aber gilt Trainer Kuno Klötzer, der es verstanden hat, innerhalb kurzer Zeit die Clubelf wieder moralisch und psychologisch aufzurüsten. Bei ihm müssen die Spieler am Tag nach einem Spiel nicht in der Presse lesen welche Deppen und blutigen Anfänger sie sind, daß sie zwei krumme Füße haben und daß ihre Eltern Schaschlikbrater sind. Bei Klötzer erfahren sie vielmehr, wie sie sich auf den Gegner einstellen müssen, welche Mittel und Wege zum Sieg es gibt. Und ganz sicher hört jeder Spieler vom Trainer auch ein Lob. Das braucht der Aktive so notwendig wie das Pferd den Zucker oder die Jungfrau ihren Heiligenschein,

Noch ein Wort an die paar Unverbesserlichen, denen das Wort „Schiebung" in Stuttgart gar zu leicht über die Lippen glitt: Haben sie gesehen, mit welch phantastischen Paraden Jürgen Rynio den Club vor Gegentoren bewahrte, mit welch grenzenlosem Einsatz die gesamte Clubmannschaft in Stuttgart kämpfte und mit technischen Mitteln den VfB geradezu „vorführte?" Das können sie nicht gesehen haben, sonst wäre ihre kriminelle Anschuldigung ja nicht zu erklären. Was sie wahrgenommen haben, waren einige Stuttgarter Fehlpässe und einige Unisicherheiten von Heinze, die aber nicht zu Toren führten. Daraus eine Schiebung abzuleiten, ist absurd und unverantwortlich.

H. Röder

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