Ende gut, alles gut? Na ja, ein wenig gewöhnt sind wir es ja, auf die Folter gespannt zu werden, auch wenn uns auf der Folterbank jetzt wenigstens nicht mehr wie noch vor wenigen Monaten die Knochen zerlegt werden. Natürlich, das Ende war gut - und darüber hinaus die erste Spielhälfte, Sie war spielerisch und nach den Chancen sogar so gut, daß unsere Männer da mit wenigstens drei Treffern schon hätten reinen Tisch machen müssen. Aber es blieb bis zur Pause nun einmal bei dem von Volkert in blitzschneller Erfassung der Situation erzielten einen Tor, nachdem Heinz Strehl in der 25. Minute sogar einen Strafstoß neben den Kasten gesetzt hatte (wann bloß wird die Ausbeute des Clubs aus Elfmetern wieder größer?). Dabei schrieen die Unsicherheiten des Ersatztorhüters Lambertz, der den Ball mehrfach unterlief oder fallen ließ, geradezu nach dem „Abstauber" und nach Schüssen aus allen Lagen, Aber sachte: alles kommt eben nicht auf einmal. Jedenfalls stellte man bis zur Pause eine weitere Verbesserung der spielerischen Linie fest und allmählich begreift auch der letzte Besucher, was für ein Unterschied zwischen dem modernen Spiel besteht, in dem sich Abwehr und Angriff sinnvoll ineinandergliedern, und dem sturen Abwehrgekicke, das wir vor der Aera Merkel vorgesetzt bekamen.
Freilich, nach der Pause wurden die Helden müde, zum Teil wenigstens, und im Gefolge des Erlahmens einiger Youngster ging die Verbindung zwischen Abwehr und Angriff schleifen. Es war ein Glück, daß auch in den Reihen des Gegners keine Meisterschützen standen, mit bloßen Schaltstationen ist es auch nicht getan, wenn es nach der Schalterei nicht funkt und einschlägt, Wo es wirklich einmal gefährlich wurde, stand Toth ruhig und sicher seinen Mann. Kein Zweifel, daß er sich nach der bösen Affäre Wabra verdient gemacht hat. Gegen den Sonntagsschuß von Lorenz war wohl kein Kraut gewachsen, nachdem ein paar Abwehrspieler wohl gerade von der soeben erfolgten Eröffnung des Stadionbads geträumt hatten. Denn das muß zum Verständnis auch festgehalten werden: es herrschte eine wirklich drückende Schwüle; auf ihr Konto ging wohl in erster Linie das Nachlassen einiger weniger robuster Spieler nach der Pause. Acht Tage später gegen 1860 bewiesen unsere Männer ja, daß sie sich auch an Kondition nicht mehr so leicht übertreffen lassen.
Wer eigentlich redet noch davon, daß wir noch vor gar nicht so langer Zeit am Tabellenende herumkrebsten? Aber vielleicht sollten wir uns gelegentlich daran erinnern, um, zu würdigen, was seitdem an spielerischem Vermögen, Teamverständnis, Kameradschaft, Verschworenheit und Selbstvertrauen aufgebaut wurde! Wenn wir, wie am 13. Mai, einmal zittern und bangen, dann jedenfalls nur um den Sieg, nicht mehr aus Sorge, in das Gras beißen zu müssen, auf dem wir jetzt in aller Regel doch wieder recht genießbare Fußballkost vorgesetzt bekommen. Diesen Club schaut keiner mehr von oben herab an!
K. Brömse