Wegen des Frostwetters waren Hunderte von Zuschauern daheim zu spät aufgebrochen und standen noch vor den Kassen, als in zügigem Angriff Strehl - Brungs -Volkert durch letzteren schon in der 2. Minute das 1. Tor fiel. Ausgleich durch Koppel auf Freistoß von rechts im Nachschuß. 2:1 durch Strehl nach abgelenktem Schuß von Brungs. Dann folgten von dem schlecht gedeckten, besten Stuttgarter Greß zwei Flanken, die Peters und bald darnach Weiß glatt einköpfen konnten. In der 2. Spielhälfte machte der Club das Spiel, da der VfB oft das Mittelfeld freigab und Greß sich zumeist hinten aufhielt. Auf Freistoß von links hatte endlich Greif Glück mit einem famosen Kopfball. Trotz drückender Überlegenheit und auf das Höchstmaß gesteigerten Einsatzwillens unserer Angreifer konnten die Gäste das Unentschieden halten.
Der Club hat also gegen den VfB noch kein Bundesligaspiel gewonnen. Im Vorjahr hatten die Schwaben sich das Remis ermauert, diesmal könnte man das höchstens zeitweise von der 2. Spielhälfte behaupten. Die Stuttgarter sind zwar keine Angstgegner für unsere Männer, aber sie hatten den an Körperwuchs kleineren Franken seit je schon bei hohem Spiel etwas voraus, das nur auszugleichen ist - und auch oft ausgeglichen wurde -, wenn der Ball bewußt flach gespielt wird und zwar mit „Köpfchen" statt mit allzuvielem Kopfballspiel. Das ist seit Jahrzehnten schon so und ehedem, als noch die „Kickers" im Schwabenland den Ton angaben, war es nicht anders.
Das heutige Treffen bot nicht die Möglichkeit den Gästen in der Spielweise etwas abzuzwingen. Wegen des Schneebodens mußten beide Mannschaften hoch und möglichst weiträumig spielen. Das lag dem Gegner besser als dem Club, außerdem ist uns in der Umgruppierung und im Neuaufbau der VfB um ein paar Wochen voraus. Er hat in der 1. Halbzeit unsere schwache Stelle auf der linken Deckungsseite erkannt und konsequent ausgenützt. Reisch erfüllte von seiner doppelten Läuferaufgabe nur die offensive. Die Deckungsaufgabe bestand er nicht, was deshalb entscheidend wurde, weil sein Mann, der sehr bewegliche Spielmacher Greß zu oft unbehindert schalten und walten konnte. Die Flankenbälle, die so bildschön von rechts in den Strafraum kamen, konnten zu oft von den um eines Hauptes längeren Stuttgartern erreicht werden. Hier hätte nur ein Torwart retten können, der nicht auf der Torlinie verharrte, sondern wie sonst oft Wabra - wenn auch mit Risiko! - seinen Kasten verläßt, um im Sprung die Flanke abzufangen. Auf dem Strich war er gut, der Strich, und fing trotz des Schneebodens die Bälle sehr sicher.
Sollte dem neuen Trainer nach der Testparade des Nachwuchses in Fürth nun wirklich die bisherige Standardelf vorgeführt werden? Eine grundsätzliche Absicht solcher Art kann man wohl nicht annehmen, immerhin verwundert es, daß der anstehende Mann, der in Fürth sich erfreulich bemerkbar machte - Preißler - nicht zum Zuge kam.
Nach den beiden geplanten Freundschaftstreffen im Rheinland wird Herr Merkel seine eigenen Beobachtungen und Erfahrungen bald soweit ergänzt haben, daß er aus dem umfangreichen Spielermaterial - Hilpert und Wabra werden dann wieder fit sein, hoffentlich bald auch Ludwig Müller - eine Mannschaft findet, die endlich einmal beisammenbleibt und sich einspielt, was seit Jahren eine unerfüllte Sehnsucht aller Clubfreunde bleiben mußte.
Das schwierige Bundesligaspiel auf dem glatten Boden war fair, bis auf ein elfmeterreifes Foul im Stuttgarter Strafraum, und bot guten Sport. Man sah heute auch auf unserer Seite öfter als bisher direktes Abspiel und weite Pässe, die ankamen, man ist also schon auf dem Weg zum „modernen Fußball". Apropos „modernen Fußball", den man in Nürnberg schon seit Großväterzeiten kennt, aber leider nur zu selten sieht.
Abgesehen von den oben bereits vermerkten Schwächen konnte unsere Mannschaft den Erwartungen gerecht werden, vor allem aber durch den vorbildlichen Einsatz Anerkennung finden. Volkert hielt das ganze Spiel mit gutem Können durch. Greif und Brungs zerrissen sich schier, gut und diesmal auch erfolgreich war vor allem Strehl. Leupold wird, wenn er nun wieder beim Club trainieren kann, bald aufholen. Adelmann verwaltete die Nummer 4, er wird sich seinen Platz erobern. Und wenn die heute fehlenden Drei wieder intakt sind, wird der 1. FCN seine Abwehrsorgen überwinden. Der Angriff könnte - vorläufig wenigstens - so bleiben. Drei Tore und noch ein halbes Dutzend bester Chancen gelten auf diesem Parkett schon etwas! Der VfB hat sein „Tief" überwunden, der Club wird es auch schaffen.
Pelzner