Rund 20 000 Zuschauer rieben sich immer wieder verwundert die Augen. Denn nur zu oft hatte es den Anschein, als ob die 1. Fußballelf des Clubs im Stil einer Handballmannschaft operieren würde. Fünf Nürnberger beschränkten sich zumeist darauf, vor dem eigenen Gehäuse den Raum zu decken, während die anderen ihre Kreise vor dem Braunschweiger Heiligtum zu ziehen versuchten. Das Mittelfeld blieb unbesetzt. Kurz gesagt, zwischen Abwehr und Angriff klaffte ein Riesenloch und statt des von Trainer Csaknady gewünschten „4-2-4" wurde allenfalls ein zusammenhangloses 5-5-System gespielt.
Dennoch hätte der Braunschweiger Riegel mehr als nur einmal geknackt werden können, wenn häufiger einem Quer- ein Steilpaß gefolgt, präziser geflankt und öfter geschossen worden wäre. Die wenigen, halbwegs guten Möglichkeiten, die der Club zu verzeichnen hatte, ergaben sich daraus.
Aber vielleicht wäre dem Nürnberger Anhang diese enttäuschende Partie erspart geblieben, wenn Roland Wabra in der 11. Minute besser zugegriffen hätte. Er ließ einen harmlosen Schuß von Gerwien zwischen Händen und Beinen hindurch ins Netz gleiten. Von diesem Augenblick an suchten die Gäste, die schon vorher Rinas als Sonderbewacher für Wild in die Abwehr beordert hatten, ihr Heil nur noch in der Defensive. Ihre Gegenangriffe waren mehr ein geschicktes Ballhalten als ein zielstrebiges Stürmen. Dadurch erhielt Braunschweigs Abwehr stets die nötigen Verschnaufpausen. Einmal allerdings, als der ansonst sichere Nandl Wenauer nach einem unnötigen Dribbling den Ball verlor, hätte es um ein Haar 0:2 geheißen. Das Nürnberger Angriffsquintett ließ es bestimmt nicht am guten Willen mangeln,das Blatt noch vor der Pause zu wenden, aber alle Aktionen waren zu durchsichtig angelegt. Braunschweigs harte und vielbeinige Abwehr einschließlich Torhüter Woher blieben den Angreifern gegenüber stets in der Überzahl und Herr der Lage. Weder Reisch, der einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte, noch Leupold vermochten das Clubspiel wirkungsvoller zu gestalten.
In der 37. Minute schien der Ausgleich zu fallen, doch der einschußbereite Greif wurde regelwidrig behindert und der Elfmeterpfiff blieb aus. Wenig später drückte SR Baumgärtel im Nürnberger Strafraum beide Augen zu, als Hilpert den durchgebrochenen Gerwien ebenfalls unsanft zu Fall brachte.
Die zweiten 45 Minuten standen fast ausschließlich im Zeichen stürmischer Clubangriffe. Doch erneut wollte man mit dem Kopf durch die Wand. Wer zählt die hoch vor's Tor geschlagenen Bälle, die samt und sonders eine leichte Beute der Gästedeckung wurden? Nur einmal wurde ein direktes Quer-Steilspiel inszeniert und sofort hatte Greif eine Einschußmöglichkeit. Nur einmal flankte der Clublinksaußen nahe der Torauslinie präzis nach rückwärts und schon war Heinz Strehl nahe daran, das Leder ins Netz zu köpfen. Auch dem Ausgleich, der buchstäblich in letzter Sekunde fiel, ging eine Flanke voraus, in die nicht der Gegner, sondern Tasso Wild hineinlaufen konnte.
Hoffentlich erinnern sich die Clubspieler in Zukunft mehr und mehr solcher Möglichkeiten, dann dürften auch mauernde Mannschaften zu schlagen sein.
A. W.