Zunächst staunte der Clubkassier, denn trotz der katastrophalen 3:8-Niederlage des Clubs in Mönchengladbach wollten rund 60000 Zuschauer das Kräftemessen des 1. FCN mit Borussia Dortmund sehen. Dann aber staunten die Sechzigtausend, denn nicht der Meisterschaftsaspirant Borussia Dortmund, sondern die vor acht Tagen deklassierte Clubelf vermochte die Massen zu begeistern. Und das, obwohl die Partie torlos endete. Doch dieses Manko war weniger den Spielern als jener, von vielen Trainern gehuldigten Auffassung zuzuschreiben, daß es wichtiger sei, Tore zu verhindern als Tore zu schießen, Dieses Mal verschrieben sich die Dortmunder der Defensive. Dennoch hätten auch ihre Abwehrkünste nicht ausgereicht, um ein 0:0 zu erzielen, wenn ihnen nicht das Glück zur Seite gestanden wäre. Freilich, zu Hause trumpfen die Schwarzgelben anders auf. Zu Hause werden im Gegensatz zum Club die meisten Gegner gerupft, und das ist nun einmal Voraussetzung für alle Mannschaften, die Meister werden wollen, Deshalb hatte Trainer Csaknady durchaus recht, als er nach der famosen Leistung seiner Schützlinge zunächst einmal feststellte: „Wir haben wieder einmal einen Punkt verschenkt!" Nun, obwohl die Dortmunder Sturmtrümpfe Emmerich, Held und Libuda nicht stachen, obwohl sie von Hilpert, Ferschl und Popp zur Wirkungslosigkeit verurteilt wurden, und obwohl die Clubstürmer weitaus mehr Chancen herausspielten, wäre zu wünschen, daß ein Held oder Emmerich die Nürnberger Angriffsreihen verstärken würde. Dann könnte vermutlich auch ein von Fortuna begünstigter Gegner bezwungen werden. Im übrigen soll nicht unerwähnt bleiben, daß der Dortmunder Außenläufer Groppe bereits in der 10. Minute verletzt wurde und ausscheiden mußte.
Ja, der 1. FCN konnte das Glück nicht zwingen, Obschon alle Clubspieler ihr Soll erfüllten. Der Ex-Dortmunder Brungs lieferte sogar seine bisher beste Partie im weinroten Dreß. Er war es auch, der nach einem feinen Solo die erste klare Chance hatte, aber an seinen Stiefeln klebte Pech. Der zurücklaufende Stopper Paul konnte für seinen bereits geschlagenen Schlußmann retten. Abgesehen von einem kurzen Zwischenspurt der Gäste, diktierte der Club das Spielgeschehen und hatte mehrmals Gelegenheit, den verdienten Führungstreffer zu erzielen. Doch nur zu oft schossen die Nürnberger knapp am Ziel vorbei und was aufs Dortmunder Gehäuse kam, wurde von Tilkowski abgewehrt. Nach der Pause steigerte sich der Club noch mehr. Angriff auf Angriff wurde vorgetragen, aber ob Flachenecker, Volkert, Strehl, Allemann oder Brungs, alle Clubstürmer hatten mit ihren Torschüssen kein Glück. Und als Volkert im Gästestrafraum regelwidrig gelegt wurde, drückte SR Deuschel beide Augen zu, Dennoch standen die Sechzigtausend, von ein paar Hundert Dortmunder Schlachtenbummlern abgesehen, wie ein Mann hinter dem 1. FCN. Sie wurden auch nicht müde, den Club anzufeuern, als sich abzuzeichnen begann, daß die schwarzgelbe Mauer, deren Eckpfeiler neben Tilkowski der große Paul und der kleine Kurrat waren, die neunzig Minuten heil überstehen würde. Immer wieder und in bislang kaum vernommener Stärke erscholl der Schlachtruf „FCN, FCN!" Doch just in der letzten Minute hielten alle Clubfreunde den Atem an. Emmerich hechtete nach einem Flankenball und um ein Haar hätte der großartig kämpfende und spielende 1. FCN beide Punkte eingebüßt.
Sechzigtausend waren gekommen und Sechzigtausend verließen zufrieden das Nürnberger Stadion. Sie werden vermutlich auch in 14 Tagen, wenn Bayern München aufkreuzt, die Ränge füllen. Kurz, das gute Spiel des Clubs gegen Dortmund dürfte sich bezahlt machen.
A.W.