DDie Waldhöfer lieferten vor 60 000 Zuschauern den Nürnbergern einen hartnäckigen Kampf und unterlagen 2:0
Zwischen dem „Russischen“ und dem „Nürnberger Hof“ in Berlin
(Eigener Drahtbericht)
Berlin 28. April
Am Vorabend des Pokalendspiels ging es in den Hauptquartieren im „Russischen Hof“ und im „Nürnberger Hof“ ganz wie an großen Fußballtagen zu. Überall tauchten bekannte Gesichte auf, alte und ganz junge Generationen fanden sich, und spät abends traf man sich wie immer bei N a g e l, um noch einmal die Chancen auszudebattieren. Waren bei Nürnberg in erster Linie die alten Kämpen R i e g e l, K a l b Hauptmann B ö ß und K u g l e r die Leute, die am meisten beachtet wurden, so freute man sich auf Waldhofseite, zu später Abendstunde noch den alten Kämpen H ö g e r zu begrüßen zu können, der nunmehr Betriebssportwart bei den Junkerswerken in Dessau geworden ist und damit wohl den Höhepunkt seiner Laufbahn als Sportlehrer erreichte.
Am Sonntagmorgen wurden von beiden Mannschaften Spaziergänge gemacht, außerdem aber auch endgültig über die Aufstellungen entschieden. Waldhof entschloß sich nach langem und weidlichen Überlegen nun doch dazu, den Angriff in derselben Formation spielen zu lassen, wie er in Wien und München eingesetzt war. Es wird also noch B e n n i g halblinks spielen, während E r b die Sturmführung übernimmt. Dr. W o l l m a n n begründete diese Maßnahme damit, dass man nun doch zu der Ueberzeugung gekommen sei, es sei für die Mannschaft wertvoll, auch einen alten routinierten Spieler in ihren Reihen zu haben, und noch hoffe, dass diese Aufstellung sich als nützlich erweise.
Die Nürnberger mussten am Sonntagvormittag die Verteidigung ändern, da sich der Verteidiger K e n n e m a n n eine Blutvergiftung am Schienbein zugezogen hat und der Arzt ihm das Spielen strikt untersagte. Sie waren allerdings in der glücklichen Lage, gleich einen gleichwertigen Ersatzmann zu haben, da im Laufe der Samstagnacht U e b e l e i n I in Berlin eingetroffen war, der nunmehr an Stelle von Kennemann verteidigen wird. Auch der Nürnberger Sturm bleibt also wie vorgesehen mit Kund, Pfänder, Uebelein II, Eiberger und Rechtsaußen Gußner.
Im „Russischen Hof“ herrschte am Sonntagmorgen Hochbetrieb. Hier waren die sämtlichen Gaufachwarte des Reichsfachamtes Fußball vertreten, außerdem die vier Gruppensportwarte, um in sportlichen Tagungen aktuelle Fragen zu behandeln und vor allen Dingen die Gruppenendspiele festzulegen. Die Terminliste wird voraussichtlich noch im Laufe des Tages bekanntgegeben, man darf aber jetzt schon verraten, dass Waldhof seine sämtlichen Spiele zu Hause, und zwar im M a n n h e i m e r S t a d i o n austragen darf, falls es endgültig Meister geworden ist.
Selbstverständlich war auch der Karlsruher W o l s wieder mit von der Partie, der nun leider die Leitung seines Amtes niedergelegt hat, sich aber darüber sichtlich keine Gedanken macht. Er freut sich, endlich einmal etwas auszuspannen zu dürfen und wartet auf bessere Zeiten.
Von Nürnbers Seite erfuhr man weiter, dass die beiden Fürther S c h w e n d e r und L e u p o l d, die lange Zeit die Waldhof-Farben trugen, mittlerweile zu Offizieren befördert wurden, und zwar ist Leupold jetzt Leutnant und Schwender jetzt Oberleutnant geworden, eine schöne Auszeichnung der beiden Spieler, die sich in Mannheim große Sympathien erworben haben.
Schiedsrichter S c h ü ß Düsseldorf machte am Sonntagmorgen einen etwas nervösen Eindruck, man hofft aber, dass er das Spiel sicher in Händen hält. Sonst ist alles bereit für den großen Tag: ganz Berlin erwartet einen großen spannenden Kampf, bei dem zwar die Nürnberger als Favoriten gelten, in dem aber Waldhof zumindestens die gleichen Chancen hat, den Pokal nach Hause zu bringen.
- DIE SYMPATHIEN WAREN BEI WALDHOF
Wenige Minuten nach 15 Uhr nahm das Spiel seinen Anfang. Zur Ueberraschung der Zuschauer war es nicht die große Mannschaft aus Nürnberg, sondern der sogenannte Aussenseiter dieses Tages, S V W a l d h o f M a n n h e i m, der sofort die Initiative ergriff und den Gegner zurückdränkte. Während Nürnberg sich zunächst mit einigen Einzelaktionen bescheiden musste, lief beim Sportverein Waldhof das Zusammenspiel sehr gut und alle elf Spieler gefielen durch ihr kluges und energisches Spiel. Allerdings zeigte sich jetzt schon, dass die Mannheimer wahrscheinlich nicht stark genug sein würden, gegen die überragende Leistung des Nürnberger Mittelläufers S o l d aufzukommen. Das wurde dann auch im Spielverlauf in jeder Beziehung bestätigt. In der 15. Minute schien ein Freistoß des Verteidigers S c h n e i d e r, der von Köhl nur mit Mühe und Not gehalten wurde, Mannheim die Führung zu bringen. Dann entwickelte sich ein offenes Spiel, da die Nürnberger jetzt ebenfalls zu einer besseren Mannschaftsleistung kamen. Immerhin darf man sagen, dass die erste Halbzeit von Waldhof leicht überlegen durchgeführt wurde und eigentlich der Mannheimer Elf ein Halbzeitvorsprung von 1:0 hätte gelingen müssen. Die letzte Viertelstunde brachte eine ganze Reihe von Höhepunkten. In der 33. Minute konnte Linksaußen G ü n t h e r o t h den Nürnberger Internationalen B i l l m a n n überlaufen. Der Flankenball von Güntheroth kam zum freistehenden E b e r h a r d, der aber aus geringer Entfernung am Tor vorbeischoß. Zwei Minuten später schoß auch F a n z aus guter Stellung am Nürnberger Tor vorbei.
Nach der Pause hatte die Nürnberger Mannschaft wesentlich mehr Glück, als ihr schon nach reichlich zwei Minuten ein Führungstor durch E i b e r g e r gelang. Ein geringer Fehler der Mannheimer Verteidigung, die beim Wegbringen eines Balle nicht energisch genug war, genügte, um Eiberger hinzuspringen zu lassen und den Ball aus ungefähr fünf Meter Entfernung ins Tor zu treten. Mit diesen Erfolg begann die Zeit der Nürnberger Überleenheit, die über eine Viertelstunde anhielt. Mit größter Anstrengung hielt sich Waldhof aber so, dass die Nürnberger bei 1:0 blieben. Als Mitte der zweiten Halbzeit G u ß n e r, der wegen einer Verletzung für kurze Zeit von Felde gegangen war, wieder zurückkam, hatten die Mannheimer sich so erholt, dass sie abermals mit schönen Angriffen das Nürnberger Tor beliefen.
Jetzt spielten die Nürnberger in der Abwehr so hart, dass sich die Sympathien der Zuschauer offensichtlich auf die Seite von Mannheim schlugen, und die Nürnberger sogar sehr oft und stark ausgepfiffen wurden.
Mit dem Abschluß des Spieles holte sich der Club noch ein zweites Tor, und man muß sich sagen, dass seine Leistungen in dieser Zeit um so vieles besser waren, dass sein Sieg verdient ist. Es zeigte sich, dass die Nürnberger Elf wesentlich besser durchhielt als die jüngere Mannheimer Vertretung. Während der Sportverein Waldhof zum Schluß nicht mehr in der Lage war, das starke Tempo durchzuhalten und sich im Sturm kaum noch zu guten Aktionen zusammenfand, erreichten die Nürnberger gerade jetzt ihre beste Form. Ihr Sturm kombinierte sauber und überlief die Mannheimer Läuferreihe immer wieder. Nachdem Ueberlein und Eiberger kurz vor Schluß eine gute Gelegenheit ausgelassen hatten, war es schließlich Eiberger, der nach Zuspiel von links einen Ball aus der Luft ins Tor legte.
MEINUNGEN UND KRITIKEN
Am Rande des Pokaltreffens
Als am Sonntag der Aufmarsch zum Spiel begann, fühlte man sich wieder in die Tage der Olympischen Spiele 1936 und all der großen Fußballereignisse der letzten Jahre zurückversetzt. Die U-Bahnen und S-Bahnen waren überfüllt und so goß sich in das Stadion ein endloser Menschenstrom, der es zwarnicht restlos füllte, aber doch mit 60 000 Zuschauern einen würdigen Rahmen für dieses Großereignis schaffte. Das Nürnberger Element war unter den Zuschauern erheblich stärker vertreten als die Mannheimer, auch merkte man bei der Begrüßung beider Mannschaften die Popularität des Clubs in der Reichshauptstadt. Er fand wesentlich stärkeren Begrüßungsapplaus, musste aber dann jedoch im Verlauf des Spieles fast sämtliche Sympathien an die Waldhöfer abgeben, weil die etwas zu harte Spielweise der Nürnberger den Zuschauern wenig imponierte.
Als der Lautsprecher mtteilte, daß weder Dranß noch Denhle im Waldhof-Tor spielen würden, sondern der junge Fischer, wurde das mit Bedauern vom Publikum vernommen.
Auf der Ehrentribüne hatte sich in der Zwischenzeit eine Reihe prominenter Gäste eingefunden: Aus Baden waren Ministerpräsident K ö h l e r und Innenminister P f l a u m e r in Begleitung von Ministerialrat K r a f t erschienen, die Reichsführung war durch den Stabsführer G u i d o v o n M e n g e n vertreten. Außerdem sah man den Ehrenvorsitzenden des alten Deutschen Fußballbundes H i n z e, ferner Prof. Dr. N e r z und Reichstrainer H e r b e r g e r, und schließlich auch den Leiter des Fachamtes Boren Dr. M e ß n e r mit seinen Stellvertreter H i e r o y m u s.
Ministeralrat Dr. Kraft: „Ein schönes Spiel. Waldhof war in der Abwehr ausgezeichnet und auch in der Läuferreihe sehr gut in Fahrt. Der Sturm kam jedoch nicht zur Geltung, weil offenbar Erb nicht im Vollbeitz seiner Kräfte war. Er konnte fast keinen Kopfstoß ausführen, weil er immer noch unter der Verletzung vom Vorsonntag litt und sich deshalb Schonung auferlegen musste. Die Nürnberger verdarben sich die Sympathien durch ihr ziemlich derbes Spiel.“
Reichstrainer Herberger: „In der ersten Halbzeit hat mir Waldhof ausgezeichnet gefallen, aber in der zweiten Hälfte war die Mannschaft nicht mehr stark genug, um den Druck der Nürnberger Widerstand leisten zu können. Heermann befand sich nicht in bester Kondition. Sonst war das Spiel ein typisches Pokalspiel. R b kam nur wenig zur Geltung, dagegen hat S c h n e i d e r einen sehr guten Eindruck hinterlassen.“
Gaufachwart Zimmer-Frankfurt: „Waldhof war zu schwach. Beim Club zeigte sich die alte Kampfkraft wieder, die durch die Einstellung S o l d s zweifelloserheblich gewonnen hat.“
Dr. Müller vom 1. FC Nürnberg: „Der Club kam in der ersten Halbzeit nicht so richtig in Fahrt, weil er sich das halbhohe Spiel von Waldhof aufdrängen ließ, die zweite Halbzeit war dann zweifellos für die Nürnberger, die auch verdient gewannen.“
Ministerpräsidänt Köhler: „Das Spiel hat mir sehr gut gefallen. Die Nürnberger waren körperlich überlegen, die Waldhöfer waren technisch ebenbürtig und haben durch ihr faires Spiel sich viele Sympathien erobert.“
Prof. Dr. Nerz: „Ein gutes Spiel, die Nürnberger etwas robuster, spielerisch war Waldhof vollkommen gleichwertig. Schneider einer der Besten; außerdem waren Sold und Heermann hervorstechende Figuren.“
Dr. Wollmann: „Es war nichts zu machen, unser Sturm war zu schwach, den jungen Leuten fehlt es noch an der nötigen Kraft. Die Mannschaft war aber gut. Erb war lange nicht in seiner beßten Verfassung, wogegen Günderoth sich in ausgezeichneter Form befand. Der kleine Fischer im Tor hat seine Sache tadellos gemacht."