"Tschammer"-Pokal 1934 / 1935 So., 24.11.1935

1/2 - FINALE

1. FC Nürnberg - SV Waldhof Mannheim

1:0 (0:0)

1. FC NÜRNBERG:

Köhl,

Billmann, Munkert,

Uebelein I, Carolin, Oehm,

Gußner, Uebelein II, Friedel, Schmitt, Spieß

Schmitt, Spieß

Trainer: AlfredSchaffer

Tore: 1:0 Spieß (51.)

SV WALDHOF MANNHEIM:

Edelmann,

Model, Meier,

Molenda, Heermann, Kuhn,

Weidinger, Bielmeier, Siffling, Pennig, Walz

Penning, Walz

Trainer: ?

Tore: ---

-

Schiedsrichter: Dörrbecker (Stuttgart)

Zuschauer: 12.000

Besondere Vorkommnisse: Siffling verschießt Elfmeter (85.)

Spielbericht aus der "FUßBALL" Nummer 48 vom 26.11.1935

Leichter als das 1:0 sagt

Zwei Mannschaften, die sich schon in früheren Jahren immer hartnäckige, spiele­risch hochstehende Treffen geliefert haben! Die „Waldhöfer" genossen die großen Sympathien des Nürnberger Publikums schon zu Zeiten, als bei ihnen noch die alten Kämpen, Lohrmann, Höger, Herberger, Brückl, Hutter, Skutlarek usw. feinste Spielkultur pflegten. Diese hat sich auf ihre Nachfolger vererbt, bei denen am Sonntag Siffling das Feld anführte.

Ein unfreundlicher Spätherbst-Himmel spannte sich über das erwartungsvolle Rund, wo es am Anfang bis Ende heiß herging. Die Bedeutung des Kampfes schien schlagkräftig genug, um bei den 12 000 Zuschauern fieberhafte Spannung und im Felde höchsten Ehrgeiz hervorzurufen.  Das Stadion zu Nürnberg liegt dem „Klub" gar nicht besonders! Diese Tatsache und das Vorhandensein eines unparteiischen Publikums glichen das natürliche Handicap der Gäste wieder etwas aus, und wenn man weiß, daß es sich bei den Gästen um eine kampferprobte Elf handelt, die es auch in der „Fremde" (s. Düsseldorf) nicht mit der Angst zu tun bekommt, so kann man verstehen, daß; die „Waldhöfer" in Nürnberg durchaus Chancen hatten, um in das Cup-Finale vorzustoßen.

Der „Klub" konnte sich leider nicht mit der besten Elf dem Publikum vorstellen, mußten doch Eiberger und Luber durch die Gebrüder Übelein ersetzt werden. Die Gäste sahen sich gezwungen, von der Läuferreihe zur Verteidigung eine Umstellung vorzunehmen.

Das Resultat von 1:0 klingt für die Gäste sehr schmeichelhaft. Es gab Chancen, über Chancen für den Klub. Die Gäste kamen speziell in der ersten Hälfte kaum aus der Umklammerung heraus, der reinste Belagerungszustand wurde vor dem Tor Edelrnanns verhängt. Das Glück: fiel den Gästen in den Schoß. Wenn sie sich einmal freimachen konnten, zeigte auch ihr Angriff ganz nette Ansätze zum Kombinationsspiel, in puncto In-Stellung-Laufen hatten sie sogar eine geschicktere „Hand" als der Klub, der in der ersten Halbzeit wieder den großen Fehler beging, sich auf engem Raum festzurammen, was für die Gäste-Hintermannschaft ein gefundenes Fr ... bedeutete. Auf Siffling hatte man ein besonders großes Augenmerk gerichtet, diesseits und jenseits der Barriere...

Ihm wurde die Schneid nach einigen guten Solo-Leistungen abgekauft und so überließ er von dort an die Initiative seinen. Kameraden, die sich nicht übel anließen, aber nur bis zum Strafraum kamen. Einmal wäre es allerdings Weidinger bald geglückt, durch einen herrlichen Kopfstoß im Fallen Köhl zu schlagen. Da hatte Köhl Dusel. Der „Klub" verstand es in der zweiten Halbzeit, das Spiel auf die Flügel zu verlegen, und jetzt erst zeigte sich die Überlegenheit im Aufbau, wiederholt fehlerfreie Kombination, Schußvermögen usw. Gußner wie Spieß umliefen die Gästeverteidigung, daß es eine Pracht war. Als Gußner in der 51. Minute einen Lattenschuß vom Stapel ließ, war Spieß - natürlich Spieß! - zur Stelle und schoß überlegt das Tor des Tages. Hin. und wieder setzte sich auch der Gästesturm durch, die Flügel Weidinger und Walz flankten schön zur Mitte, aber bei dem W-System (Siffling spielte Mittelläufer), war einfach nichts zu machen. In der 85. Minute hätte Gelegenheit gehabt, den Sieg etwas, eindrucksvoller zu gestalten, schoß aber den Elfmeter (verursacht an Gußner durch Anspringen) mit unheimlicher Wucht an die Latte.

Beim Sieger klappte es speziell in der zweiten Halbzeit in allen Reihen. Hier zeigte er, daß er ein würdiger Gegner der Schalker ist. Im Angriff gebührt Schmitt die Note 1. Sein Ballführen und sein Freispielen macht ihm so schnell keiner nach. Dann sind sofort die Flügel Spieß und Gußner durch ihr angriffsfreudiges Spiel lobend zu nennen. Friedel schaffte unheimlich, er begeht aber den großen Fehler, daß er die Bälle viel zu weit von sich stößt, mit anderen Worten, er kann den Ball nicht „fesseln". Mit einigen Prachtschüssen hatte er Pech. Die Deckungsreihe mit Öhm, Carolin und Übelein l hat das Zeug in sich, sich in die große Form ihrer Hintermänner hineinzuspielen. Alle drei waren tadellos.

Die Gäste blieben ihrem guten Ruf vieles schuldig. Im Angriff zeigte das wirkungsvollste Spiel Bielmeier. Der Ex-Nürnberger Weidinger war etwas schusselig, aber immer noch gefährlich. Sifflings neuerliches Versagen blieb vielen ein Rätsel (indisponiert?). Pennig und Walz gaben einen guten linken Flügel ab, speziell letzterer versteht sich aufs Flanken, fand aber innen keine Gegenliebe. Das Schlußdreieck hatte alle „Hände" voll zu tun, schlug sich äußerst wacker, war aber weniger mit großen Leistungen ausgestattet, als vom Glück begünstigt.

L e o

So ungefähr stellt man sich die Märchengestalt, den Mann mit. den "Siebenmeilenstiefeln" vor! Nürnbergs Stürmer Friedel entwickelt hier im Sprung, eine geradezu unglaubliche Schrittlänge, und die Kamera hat das ihre dazu beigetragen, die Wir­kung seines mächtigen Satzes noch ins Phantastische zu verzerren. Er scheint über den Menschenwall zu schreiten. Das Ganze: ein eleganter Versuch des Klubmittelstürmers, einen Eckball mit Kopistoß ins Waldhöfer Tor zu lenken. Augen­blicksbild vom 1:0-Pokal-Sieg des 1. FCN. über Waldhof Mannheim im Nürnberger Stadion.

Foto: Grimm

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